Nährwertlevel Pappkarton – Das Wunder des Pfirsichgartens [Rezension]
Willa Jackson führt ein ruhiges Leben in einer amerikanischen Kleinstadt. Bis zu dem Tag, als Paxton Osgood den Ort zur Neueröffnung der alten, geheimnisvollen Villa auf dem Hügel lädt, die fortan als Hotel dienen soll. Diese Einladung erinnert Willa nicht nur an ihre schmerzhafte Vergangenheit, sondern konfrontiert sie auch mit Paxtons gutaussehendem Zwillingsbruder Colin.
Kein Wunder also, dass sie sich weder mit der Einladung, noch mit den beiden Geschwistern auseinandersetzen will. Als jedoch der alte Pfirsichbaum auf dem Grundstück gefällt wird, gibt es jedoch kein Entkommen mehr. Die Ereignisse zwingen sie, sich mit Colin und seiner Schwester zu verbünden, um ihrer Familiengeschichte und einem alten Geheimnis auf die Schliche zu kommen, das mit ihren Großmüttern ihren Anfang nahm.
Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:
- Aus dem Flugzeug steigen.
- Nach Hause fahren.
- Das Buch zum Stapel für die Caritas legen und am nächsten Tag entsorgen.
Mein Eindruck zu Das Wunder des Pfirsichgartens:
Als ich im Februar nach London geflogen bin, dachte ich mir, ein kleiner, feiner Liebesroman wäre genau das Richtige, um die englische Kälte zu vertreiben. Die Autorin gilt als großartige Romantikerin, das Cover war ansprechend und dieser Duft aus Magie und Geheimnisvollem, die dem Klappentext anhaftete, wirkte ausgesprochen betörend.
Voller Vorfreude habe ich mich also im Flugzeug zurück (am Hinweg hatte ich keine Zeit zu lesen) an die Lektüre gemacht – und das Buch glatt in einem Zug ausgelesen. Das klingt, gerade für mich, die seit langem kein Buch mehr so schnell durch hatte, natürlich sehr beeindruckend. Leider war genau das Gegenteil der Fall. Nicht die atemlose Spannung hat mich nämlich vorangetrieben, sondern pure Langeweile und ein Mangel an Alternativen.
Eigentlich geht’s, aber…
Die Handlung war ganz nett, die Protagonisten okay, die Sprache recht angenehm. Trotzdem war alles irgendwie leer. So, als hätte die Autorin sich ein paar Zeilen Notizen gemacht und rundherum dann ein paar Worte ausgeschmückt, bis das ganze eine annehmbare Länge hatte. Kein wirklicher Liebesroman, kein historischer Roman, kein Roman über Charakterentwicklung und die Magie war eigentlich keine Magie, sondern ein schmückendes Beiwerk, das sie zwar erwähnt, aber das eigentlich für die Handlung völlig egal ist. Als hätte sie sich an allem versucht und wäre als Resultat zwischen allen Varianten durchgefallen. Einzige Rettung: die Beschreibungen.
Doch auch diese konnten die mangelnde Tiefe der Charaktere oder der Handlung nicht aufwiegen. Die ganze Lektüre ging mit einem Gefühl neutraler Gleichgültigkeit einher, und auch als ich das Buch beendet hatte, war da kein Hochgefühl, kein negativer Nachgeschmack – es war, als hätte ich das Buch gar nicht gelesen. Der Hauptgrund, warum das Buch sofort auf den Bücherflohmarkt gewandert ist.
Stärken des Buchs:
Am positivsten in Erinnerung geblieben ist mir mit großem Abstand die schöne Ausdrucksweise der Autorin. Viele Metaphern, schöne Ausschmückungen, ordentliche Dialoge und bildhafte Beschreibungen schaffen eine schöne örtliche Atmosphäre. Wenn ich an das Buch denke, sehe ich Wasserfälle, rieche den Duft von Pfirsich und spüre Schlamm an meinen Stiefeln. Auch noch als Stärke hervorzuheben ist die grundsätzliche Auswahl der Charaktere: man bleibt verschont von den üblichen Klischees. Willa ist keine dumme Nuss, die sich nach Liebe verzehrt, Paxton keine bösartige Intrigantin und Colin zwar gutaussehend, aber irgendwie auch nicht auf die klassische 08/15 Art und Weise. Eigentlich ein vielversprechendes Potential.
Schwächen des Buchs:
Wenn da nicht die Umsetzung gewesen wäre. Die Charaktere, so abwechslungsreich sie auch angelegt wurden, wirkten irgendwie deplatziert in ihrer Handlung. Die potentialträchtige Willa blieb das ganze Buch über irgendwie passiv; Paxton wurde zwar großartig eingeführt, hatte aber irgendwie kein Entwicklungspotential und Colin, der ebenfalls das Zeug zu einem wirklich einzigartigen Charakter gehabt hätte, wurde auf nach einer anfänglich vielversprechenden Einführung irgendwie plötzlich blass.
Dasselbe gilt für die Handlung: Die Grundidee der Geschichte war richtig gut. Ein altes Familiengeheimnis, eine geheimnisvolle Spurensuche, eine Freundschaft fürs Leben. Und dann…? Nichts. Alles entwickelt sich irgendwie so vor sich hin, plätschert mal lauter, mal leiser. Handlung wird an Handlung gereiht, die Protagonisten stolpern irgendwie mit und verirren sich in ihre Liebesgeschichten. Hurra, endlich! Die Liebesgeschichten! Ja… oder auch nicht. Auch das war vielversprechend: spannende Konstellationen zwischen den Charakteren, ein Haufen Differenzen zu überbrücken, eine gemeinsame Vergangenheit und dann… nichts. Ein keuscher Kuss hier. Ein heimlicher Blick da. Nichts, das wirklich in Schwung kommen würde. Auf einmal sind die Charaktere zusammen und das Buch ist aus, bevor man überhaupt Herzflattern bekommen hat. Also unter einem Liebesroman hätte ich mir wirklich etwas Anderes vorgestellt.
Mein Fazit zu Das Wunder des Pfirsichgartens:
Auch wenn alle anderen scheinbar dem Zauber erlegen sind: Dieses Buch* kann ich nicht empfehlen. Nicht als schnelle Lektüre für Zwischendurch und schon gar nicht für Leser mit größeren Ambitionen. Es ist blass, kann sich nicht entscheiden, was es werden oder sein will und zeigt keinen Gewinn, weder auf emotionaler noch auf inhaltlicher Ebene. Eine Lektüre mit dem Nährwert eines Pappkartons. Vielleicht bin ich nicht die richtige Zielgruppe oder habe zu hohe Ansprüche, aber dieses Buch bekommt von mir leider nur:
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Das Wunder des Pfirsichgartens
Sarah Addison Allen
erschienen bei Goldmann
20. Januar 2014
Auch wenn sie besonders oft Fantasy liest, wird prinzipiell jedes Buch gelesen, das unvorsichtig genug war, ihr in die Hände zu gelangen. Nur vor Krimis und Thrillern wahrt Marlen respektvollen Sicherheitsabstand, der sich bei begründetem Spannungsverdacht allerdings sehr schnell verringern kann. Wenn sie nicht gerade liest, haut sie wahrscheinlich gerade eifrig in die Tasten um ihre Roman voranzutreiben und ihre Figuren leiden zu lassen.