Wie Dexter mit magischen Kräften – Der Fluch des Wandlers [Rezension]
In „Der Fluch des Wandlers*, dem dritten Band einer Reihe, geht es um Nicolas’ Geschichte. Wir kennen ihn bereits aus den ersten beiden Teilen der Wandler-Tetralogie, in denen es um die Geschichte der jungen Kiara geht. Nicolas wird in den ersten beiden Bänden als Agent von ihrem Clan geschickt, um sie zu schützen. Er bewegt sich stets in anderer Gestalt und zeigt ihr nie sein wahres Gesicht. „Der Fluch des Wandlers“ erzählt nun von Nicolas’ Vergangenheit als ursprüngliche Geheimwaffe des Clans lange bevor Kiara auf der Bildfläche erscheint.
Wer ist er wirklich? Wo kommt er her? Welche Fähigkeiten besitzt er noch? Und wie ist er zu dem geworden, der er heute ist?
Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:
- Noch einmal eine sehr wichtige Stelle aus Band 2 gelesen
- Nachgeschaut, wann der vierte Band rauskommt
- Endlich ins Bett gegangen (es war bereits mitten in der Nacht)
Mein Eindruck zu Der Fluch des Wandlers:
„Keine Lust auf ein Prequel, ich will endlich wissen, wie es mit Kiara und Jacques weitergeht!“, dachte ich frustriert, als endlich Band 3 der Wandler-Reihe bei mir angekommen war. Nicolas, dieser Unsympathler, interessierte mich von allen Figuren am allerwenigsten. Der Fluch des Wandlers startete also schon mit schlechter Ausgangsposition. Umso überraschter war ich, wie gut mir dieses Buch gefallen hat. Noch einmal um Einiges besser, runder und durchdachter kam es mir vor als die ersten zwei Teile der Wandler-Reihe.
Auf der einen Seite liest es sich fast wie ein Fantasy Thriller mit einem ziemlichen Antihelden in der Hauptrolle, der mich nicht selten an Dexter erinnert. Auf der anderen Seite taucht es tief in die Materie des Wandler-Universums ein und fördert gleich eine ganze Handvoll dunkler Geheimnisse zutage. Plötzlich ergibt so vieles einen Sinn, was man vorher nur erahnen konnte (wenn überhaupt) und wirft trotzdem noch die eine oder andere neue Frage auf. Obwohl das Buch für sich alleine genommen schon sehr gut funktioniert, wirkt es auf mich wie ein Anlaufnehmen vor dem großen Reihen-Finale.
Stärken des Buchs:
Die größten Stärken sind wieder einmal die realistischen Figuren und moralische Verzwicktheit des Settings, ähnlich wie in den vorangegangenen Bänden. Dieses Mal kommt allerdings noch ein temporeicher Spannungsbogen hinzu, der sich nicht unnötig mit lästigen Teenager-Problemchen aufhält, sondern gleich zur Sache kommt. Dabei stehen Anti-Helden mit detailreich und nachvollziehbar ausgearbeiteten Persönlichkeiten im Mittelpunkt. Statt striktes Schwarz-Weiß-Denken zu fördern, bewegt sich die Geschichte in den dunkleren Graubereichen und findet ihren Weg durch unterschiedliche moralische Dilemmata, wodurch „Der Fluch des Wandlers“ einen ganz besonders fesselt.
Schwächen des Buchs:
Ich muss lange nachdenken, um Schwächen zu finden. Die Illustrationen an den Kapitelanfängen könnten besser sein. So. Ansonsten stört mich kaum etwas an dem Buch, sofern die großen, offenen Fragen im darauf folgenden Band noch beantwortet werden. Einzig wie sich „Der Fluch des Wandlers“ in die gesamte Reihe eingliedert, ist fraglich, da er nicht unbedingt das übliche Publikum der Wandler-Reihe anspricht. Es wäre wünschenswert, dass „Der Fluch des Wandlers“ auch inhaltlich für sich alleine stehen könnte, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Da die ersten zwei Bände zweitweise relativ kitschige Romantasy-Passagen beinhalten, unterscheiden sie sich doch sehr von diesem dritten Band, der allein mit seiner Thematik wesentlich erwachsenere Themen aufgreift. „Der Fluch des Wandlers“ verliert durch die feste Eingliederung in die Wandler-Reihe vermutlich die Möglichkeit, als guter, eigenständiger Dark Urban Fantasy Thriller (gibt’s das?) zu brillieren.
Mein Fazit:
„Der Fluch des Wandlers* ist meiner Meinung nach ein sehr gelungener Young Adult Fantasy Thriller, der auf positive Weise aus der Wandler-Reihe hervorsticht. Wie auch in den anderen Bänden zählt das Spiel mit moralischen Dilemmata zu den besten Eigenschaften des Buches. Das düstere und ernste Gemüt des Protagonisten Nicolas ist dabei eine willkommene Abwechslung zu den Teenager-Eskapaden im vorhergehenden Band. Und doch ist „Der Fluch des Wandlers“ die perfekte Vorbereitung auf das große Finale der Tetralogie: einerseits werden wichtige Fragen beantwortet und andererseits noch wichtigere Fragen aufgeworfen, deren Auflösung man regelrecht entgegenfiebert. Ob man an diesem dritten Band nun auch noch so viel Freude hat, wenn man die ersten beiden nicht kennt, bleibt zu hoffen – einen Versuch wäre es vor allem für Dark Fantasy und/oder Dexter-Fans auf jeden Fall wert.
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Die ersten beiden Bände, Der Kuss des Wandlers und Der Verrat des Wandlers, hat Sophie übrigens auch schon im Buchensemble rezensiert!
Die Wandler – Der Fluch des Wandlers
Lena Klassen
erschienen bei Eisermann Verlag
03. Mai 2018
Bücherphie, das bin ich, wenn ich mich auf Instagram und meinem Blog herumtreibe. Und S. M. Gruber, das bin auch ich, aber wenn ich Bücher schreibe.