Lachen und weinen mit „Ich, Eleanor Oliphant“ [Rezension]

Lachen und weinen mit „Ich, Eleanor Oliphant“ [Rezension]

Eleanor lebt zurückgezogen und eingeschüchtert, sie arbeitet und trinkt sich durch jedes Wochenende mit Wodka. Regelmäßig bekommt sie Anrufe von ihrer Mutter, von der sie geliebt werden will. Aber diese nutzt die Telefonate ausschließlich, um ihre Tochter runterzumachen. Als sich Eleanor mit ihrem Arbeitskollegen anfreundet, kommt sie langsam aus ihrem Schneckenhaus heraus. Und Stück für Stück offenbart sich die grausame Wahrheit ihrer Kindheit dem Leser.

Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:

  1. Innerlich meiner Mutter gedankt, weil sie wunderbar ist.
  2. Gelächelt.
  3. Mir ganz bestimmt keinen Wodka eingeschenkt.

Mein Eindruck zu Ich, Eleanor Oliphant:

Ein rundum perfekt komponiertes Buch ist „Ich, Eleanor Oliphant*. Die sozial unfähige Hauptfigur ist realistisch dargestellt. Und was ich absolut beeindruckend finde: Trotz all der Schwere des Themas ist es ein witziges Buch. Wirklich! Ich weiß, ich weiß, meine Inhaltsangabe klingt deprimierend ohne Ende. Allerdings habe ich oft beim Lesen gelacht. Die Dialoge zwischen ihr und ihrem Arbeitskollegen sind gefüllt mit Ulk und Charme. Sie beobachtet seltsame Angewohnheiten von Menschen oft von außen und offenbart dem Leser, wie lächerlich er sich oft anstellt.

Stärken des Buchs:

Der erwähnte Realismus ist eine Wohltat. Der Ablauf der Geschichte folgt keinem öden, abgekauten Drama-Dreieck, die Dialoge sind erfrischend und wirken echt, das Ende ist herzerwärmend, keinesfalls kitschig und auch ein wenig beängstigend. Toll finde ich auch, dass Eleanor keinesfalls eine Klischeefigur ist, die ja sooooo toll ist, es nur nicht weiß. Die Romantik zwischen ihr und dem Arbeitskollegen verläuft nie nach dem üblichen Kitschprogramm. Die Sprache ist gut umgesetzt, vor allem bei den Dialogen merkt man, wie gekonnt sie sprachliche Eigenarten einsetzt, um zu charakterisieren. Dazu feiere ich, wie heimlich sich die Härte in die Geschichte hineingeschlichen hat. Man denkt, man liest ein unterhaltsames Buch und plötzlich traut man sich nicht mehr, den Fuß aus der Bettdecke gucken zu lassen.

Schwächen des Buchs:

Mich hat gestört, dass der Frust und das Träumen ständig mit Alkohol „gelöst“ wurden. Die Exzesse waren ekelerregend und erschreckend. Allerdings ist es wahrscheinlich wirklich so. Für viele Menschen ist Alkohol ein Mittel, um nach Feierabend die Sorgen und den Stress loszulassen. Dass dieser Gedanke keinesfalls gesund ist, deckt dieses Buch vielleicht gut auf. Ob das eine tatsächliche Schwäche des Buches ist, weiß ich nicht.

Mein Fazit:

Ich, Eleanor Oliphant* gehört nicht zu meinen Lieblingen, weil ich zu wenig Berührung mit einem solchen Leben habe, aber für viele Menschen könnte es so sein. Es ist ein rundum perfektes Werk und ich ziehe meinen Hut vor der Autorin. Selten habe ich Werke erlebt, die so rund sind. Und dabei hat es sich die Autorin nicht leicht gemacht. Die Thematik ist nicht einfach, dazu ist die Geschichte wunderschön und verglichen mit all dem anderen Sumpf auf dem Markt einfach mal was Neues. Unbedingt lesen!

 

 

 

 

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Ich, Eleanor Oliphant

Gail Honeyman

Gegenwartsliteratur Humor
Softcover, 528 Seiten

erschienen bei Bastei Lübbe

27. April 2018

ISBN 978-3-404176793
11,00 € bei Amazon*

 

3 Replies to “Lachen und weinen mit „Ich, Eleanor Oliphant“ [Rezension]”

  1. Hey Magret,

    Ich kannte bisher nur negative Meinungen zu dem Buch, weswegen ich es mir nie zugelegt habe obwohl ich die Thematik interessant finde. Doch irgendwie fällt mir der Titel immer wieder unter die Nase als ob es irgendwie sagen will „Lies mich endlich!“
    Ich bin zugegeben immer noch unsicher, aber es ist doch mal erfreulich auch was positives darüber zu lesen. Vielen war es wohl zu langatmig und eben nicht realistisch genug. Oft hab ich auch gelesen, dass der Schreibstil nicht gefällt. Wahrscheinlich muss ich wirklich einfach mal selbst reinlesen.

    Liebste Grüße
    Jenny (Who is that Nerd?)

  2. Hallo Magret,
    mir ging es wie dir. Das Buch ist so einmalig anders, die Protagonistin so erfrischend verschroben, verletzt und einsam. Ich hatte großen Lesespaß, sie auf ihrem Weg zu ihrem neuen ICH zu begleiten. Wie dich, störte auch mich dieser viele Alkoholkonsum und es fällt mir schwer, solche Handlungen nachzuvollziehen. Aber es muss so in der Art sein, wie werden Menschen sonst zu Alkoholikern?!
    Eine kleine Anmerkung habe ich: Du schreibst immer „der Autor“. Hälst du das absichtlich so? Gail Honeyman ist ja eine Frau, drum würde mir persönlich lieber „Autorin“ gefallen.
    GlG, monerl

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