Hellauf begeistert, zu Tode gelangweilt – Rebellin des Sandes
Amani kommt aus der Wüste. Als Mädchen ist sie dort wertlos, maximal Heiratsmaterial. Sie aber hat größere Träume. Sie will ausbrechen, in die weit entfernte Hauptstadt, wo sie sich ein besseres Leben erhofft. Nachts schleicht sie sich heimlich hinaus und nimmt an einem Pistolenschießen teil, um mit dem Preisgeld endlich ihre Flucht zu finanzieren. Beim Wettschießen trifft sie auf einen Fremden, einen jungen Mann, der fast so gut schießt wie sie. Als der Schuppen in einem plötzlichen Tumult Feuer fängt, wird sie plötzlichen zu seinem unfreiwilligen Verbündeten – und wird ihn auch den Rest des Buches nicht mehr los.
Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:
- Ins Meer hüpfen, auch wenn es eisig kalt ist.
- Der Freundin schreiben, die das Buch empfohlen hatte und mich bei ihr ein bisschen aufregen.
- Mich fragen, ob ich Band 2 wirklich so voreilig hätte bestellen sollen.
Mein Eindruck zu Amani – Rebellin des Sandes:
Ich habe Amani – Rebellin des Sandes auf englisch gelesen, wo das Cover auch wirklich wunderschön ist. Das Buch stand ewig in meinem Regal, bis mir eine Freundin, deren Lesegeschmack ich zu kennen meinte, das Buch empfohlen hat. Sie erklärte mir, es sei ihr absolutes Lieblingsbuch und nahm mir das Versprechen ab, es als nächstes Buch von meinem SuB zu befreien. Natürlich kam ich ihrem Wunsch nach – und stürzte in ein Wechselbad der Gefühle. Denn noch nie habe ich ein Buch gelesen, das gleichzeitig so hervorragend gute und so absolut langweilige Passagen vereint hat.
Stärken des Buchs:
Das Buch fängt fulminant spannend an. Der Leser wird sofort in eine Welt aus Wüstenstaub und Hoffnungslosigkeit geworfen, in der ein Pistolenschießen und eine gute männliche Maskierung die einzige Chance einer jungen Frau ist, einer von Männern dominierten Gesellschaft zu entfliehen. Amani wird als Charakter sofort greifbar, ihre Beweggründe sind absolut nachvollziehbar und laden die (vor allem weibliche) Leserin fast dazu ein, mit ihr mitzufiebern.
Auch Jin, der bereits ganz zu Beginn eingeführt wird, reißt sofort die Aufmerksamkeit an sich, weil er anders ist als alle klassichen jungen Männer in Büchern. Sein Gesicht ist spezieller, sein Humor dunkler und nie im Leben würde es ihm einfallen, Amani als Frau herabzusetzen. Trotz der offensichtlicen charakterlichen Qualitäten verlieben sich die beiden aber nicht sofort unsterblich und planen gleich mal ihre Hochzeit, sondern lernen sich langsam und unauffällig im Hintergrund kennen und lieben, was jedoch nie zur Haupthandlung wird und auch keine Entscheidungen beeinflusst.
Sprachlich einwandfrei führt Alwyn Hamilton den Leser durch ihre Welt, baut schöne Atmosphären, hat keine Angst vor Charakterverlusten und lässt auch den Schlagabtausch nicht zu kurz kommen. Zumindest von Seite 1 bis 40. Und dann von Seite 220 bis 350. Und dazwischen? Tja…
Schwächen des Buchs:
Die Schwäche von Rebellin des Sandes ist eindeutig die Mitte. Sobald es Amani aus ihrem Heimatdorf geschafft hat bis zum großen Finale bleibt zwar die Atmosphäre gut erhalten, aber handlungstechnisch passiert einfach nicht wirklich viel. Das, was passiert, funktioniert nicht, es ist ein sinnloses Hin- und Hergereise. Man lernt zwar die Charaktere besser kennen, aber ansonsten bietet das Buch auf den 180 Seiten des Mittelteils einfach nichts Spannendes. Der einzige Grund, warum ich das Buch nach dem großartigen Auftakt nicht abgebrochen habe ist, dass meine Freundin mir versprochen hat, dass das Ende nochmal toll wird. Das war dann zwar der Fall, aber bis dahin war ich wirklich schon etwas genervt und absolut gelangweilt. Sehr, sehr schade. Und wenn man den Meinungen trauen kann, ist das Problem im zweiten Teil noch mal wesentlich schlimmer. Ob ich mir das geben möchte?
Mein Fazit zu Amani – Rebellin des Sandes:
Was für eine Bewertung gebe ich jetzt einem Buch, das aus so absolut gegensätzlichen Teilen besteht? Das mich gleichermaßen hellauf begeistert und zu Tode gelangweilt hat? Simple Mathematik ist in diesem Fall glaube ich die einzige Lösung. 5 Sterne für den großartigen Auftakt und das spannende Ende, sowie die Charaktere. 2 Sterne für den farblos öden Mittelteil. Daher ergeben sich gesamt 3,5 von 5 Sternen für Amani – Rebellin des Sandes. Leider, ich hätte mir wirklich mehr starke Story in der Mitte gewünscht!
Dir gefällt Marlens Schreibstil? Hier findest du alle ihre Rezensionen auf einen Blick!
Amani – Rebellin des Sandes
Alwyn Hamilton
erschienen bei cbt
11. September 2017
Auch wenn sie besonders oft Fantasy liest, wird prinzipiell jedes Buch gelesen, das unvorsichtig genug war, ihr in die Hände zu gelangen. Nur vor Krimis und Thrillern wahrt Marlen respektvollen Sicherheitsabstand, der sich bei begründetem Spannungsverdacht allerdings sehr schnell verringern kann. Wenn sie nicht gerade liest, haut sie wahrscheinlich gerade eifrig in die Tasten um ihre Roman voranzutreiben und ihre Figuren leiden zu lassen.