Die Suche nach dem großen Rausch – Blast

Die Suche nach dem großen Rausch – Blast

Blast: Der schwer übergewichtige Polza Mancini wird verhört. Er steht unter Mordverdacht. In Gewahrsam erzählt er den Kommissaren seine Lebensgeschichte vom Tod seines Vaters bis zur Verhaftung. Dazwischen liegt ein Weg der scheinbaren Befreiung, der Obdachlosigkeit, des Rausches, der Liebe und größter Schmerzen. Auf dieser Reise erlebt Polza immer wieder Zustände totaler Freiheit, in denen ihm nichts mehr etwas anhaben kann, und diese Zustände nennt er „Blasts“.

Es gibt 4 Bände von „Blast“. Diese Rezension umfasst die gesamte Reihe, die komplette Geschichte.

Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:

  1. Eine Freundin, der ich das Buch empfohlen hatte, vor Inhalten von Blast gewarnt.
  2. Über Triggerwarnungen nachgedacht.
  3. Ein Bier getrunken.

Mein Eindruck zu „Blast“:

„Blast“ ist eine düstere vierbändige Graphic Novel, die mit allergrößter Mühe hergestellt worden ist. Sie steckt voller Schönheit, voller Grausamkeit und voller verstörender Momente. Nach Blast Band 1 habe ich sie jeder und jedem empfohlen, der oder die Graphic Novels zu lesen auch nur in Betracht ziehen würde. Nach Blast Band 3 wurde ich vorsichtig und nach Band 4 von Blast werde ich „Blast“ nur noch mit Warnung empfehlen, aber dennoch: Ich würde die Reihe empfehlen.

Stärken des Buchs:

„Blast“ ist gut erzählt, brillant gezeichnet und hat diesen Touch des Irren, den ich persönlich liebe. Wann immer Polza in seine Blast-Zustände kommt, sieht man keine Zeichnungen von Larcenet mehr, sondern welche seiner Kinder Lilie und Lenni, was herrlich verstörend wirkt. Knallbuntes Kindergekrackel als Darstellung von Rauschzuständen in einem Buch, das ansonsten schwarz-weiß gehalten ist. Genial! Und dann kommen die Moai. Wenn Polza den Blast erlebt, sieht er sie, die Köpfe von den Osterinseln. Riesengroß nehmen sie alles ein, bedrohlich, gewaltig und für ihn befreiend. Die Mischung derart unterschiedlicher Elemente macht einiges aus in dieser Geschichte.

Blast als vollständig-schönes Werk

Wenn wir schon bei der Darstellung sind, sollte ich auch von den Gesichtern erzählen. Die meisten wirken menschlich, aber einige haben enorme Nasen und wirken wie Raubvögel, wie Eulen oder Geier. Im Falle von Polzas Vater, der todkrank im Bett liegt, ausgemergelt, ist gerade der Kontrast aus riesiger Nase und ausgedörrtem Leib das, was das Leid der Szenerie noch verstärkt. Diese Todesszene schmerzt gekonnt.

Der Wechsel der Ebenen zwischen dem, was Polza erzählt, und dem Verhör, sowie einer für mich unerwarteten Auflösung am Ende, hat mir gut gefallen. Immer wieder wird infrage gestellt, was zuvor erzählt worden ist. Warum glauben die Polizisten Polza nicht und warum sind sie oft so ungehalten ihm gegenüber? Stets hat man das Gefühl, dass da noch mehr ist.

Polza als Figur ist faszinierend. Er ist ungewöhnlich dick, aber dabei flink, er ist kontrolliert und gefasst, aber dennoch ständig auf der Suche nach einem Rausch, er will mehr als alles andere frei sein, aber ist er es wirklich?

Man sollte nicht die Qualität des Drucks der Blast-Bücher an sich vergessen. Es handelt sich um Hardcover-Bände, das Papier ist dick, der Druck hochwertig, alle Texte fehlerfrei und jedes Buch hat ca. 200 Seiten. Der Verlag hat hier alles richtig gemacht, von einem entscheidenden Detail abgesehen, das ich bei den Schwächen nicht verschweigen kann (und ich meine natürlich Schwäche Nr.2).

Schwächen des Buchs:

Die erste Schwäche von „Blast“ ist keine echte Schwäche, sondern eine Notwendigkeit, die aber dennoch manche Leser*innen abschrecken wird: Der Preis. „Blast“ umfasst 4 Bände, die jeweils 29€ kosten. Ich habe mir 2 Bände schenken lassen und 2 selbst gekauft. Das sind 116€ für eine Geschichte. Obwohl das Geld stets knapp ist, habe ich es nicht bereut. Hier könnte man eine Diskussion starten über Buchpreise. Persönlich finde ich den Preis völlig gerechtfertigt, aber, wie gesagt, nicht jede*r hat das Geld übrig.

Schwäche Nummer Zwei der Blast-Reihe liegt ebenfalls nicht in der Geschichte, sondern im Drumherum. Für „Blast“ hätte man eine Inhaltswarnung setzen sollen. Bei vielen Werken kann man diskutieren, ob es nötig sei, aber bei diesem nicht mehr. Es wird sexuelle Gewalt bis hin zu einer extrem brutalen Vergewaltigung beschrieben, wenn auch nicht explizit im Detail gezeigt – aber deutlich genug, um sich alles ausmalen zu können. In keinster Weise wird die Gewalt verherrlicht oder werden die Vergewaltigungen voyeuristisch ausgeschmückt (sonst wäre die Reihe an dem Punkt für mich gestorben). Ich habe in dieser Hinsicht keine Probleme, aber weiß, dass nicht jede*r davon überrascht werden möchte.

Mein Fazit zur Blast Graphic-Novel-Serie:

Aufmachung und Story von „Blast“ sind super, auch wenn es manchmal so wirkt, als hätte Larcenet versucht, so viel Dreck, Gewalt und Drogen wie irgend möglich ins Buch zu stopfen. Irgendwo in einem Begleittext wird er als „Ex-Punk“ beschrieben, vielleicht um das zu rechtfertigen oder um vorzuwarnen. Vor dieser Gewalt, besonders der Vergewaltigungsthematik, die erst im letzten Drittel von Blast auftaucht, hätte man expliziter warnen sollen. „Blast“ ist heftig und absolut nichts für schwache Gemüter oder starke Gemüter, die bestimmte Themen und Darstellungen nicht vertragen.

Ich habe den Trip genossen.

Du willst mehr von Matthias lesen? Hier gelangst du zu seinen Rezensionen.



Blast (Graphic-Novel-Reihe Band 1 bis 4)

Manu Larcenet

Graphic Novel
Hardcover, 836 Seiten (208 + 208 + 220 + 200)

erschienen bei Reprodukt

15. April 2012 – 15. Mai 2015

ISBN 978-3-943143126 (Band 1)

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