Buchperlenblog

Buchperlenblog

Der Blog des Monats Mai ist der “Buchperlenblog” von Gabriela Wendt. Sie stellt sich heute unseren Fragen.

Gabriela ist 34 Jahre alt und lebt in der wunderschönen Buchstadt Leipzig. Seit Anfang 2017 führt sie ihren Literaturblog mit viel Herzblut und Leidenschaft. Sie beschäftigt sich mit herausstechender Literatur, solcher, die fern von 08/15 existiert. Die kleinen Perlen, die vielleicht nicht immer die volle Aufmerksamkeit erreichen, die sie verdienen. Dabei sind die Themen vielschichtig, von Gegenwartsliteratur zu Krimis und Fantasy, hin zu wunderschön aufgemachten Sachbüchern ist alles vertreten. Auch hat sie ihre Liebe zu Comics seit einigen Jahren entdeckt und genährt und tut nun alles dafür, um auch andere auf die illustrierte Seite des Lebens zu ziehen. Und wenn sie nicht liest, dann schreibt sie hin und wieder eigene Kurzgeschichten.

Warum betreibst du deinen Buchblog?

Bevor ich meinen Buchperlenblog vor fünf Jahren begonnen habe, habe ich Bücher auf anderen Plattformen rezensiert. Das war okay, aber irgendwie hat mir das nicht gereicht. Ich wollte mehr Austausch mit Gleichgesinnten, mehr Themen, mehr Bücherliebe verteilen.

Dann saß ich mit einer Freundin bei einem Kaffee zusammen und meinte, dass ich darüber nachdenke, einen Blog zu starten. Und was sagte sie? Mach‘s doch einfach. Und so war’s dann auch. Und nach so langer Zeit habe ich noch immer so viel Freude an dem Blog und dem Schreiben über Bücher, dass es definitiv die richtige Entscheidung war.

Was magst du an Büchern?

Ach, so vieles. Ich mag, dass ich mich in Nullkommanichts in einer gänzlich anderen Welt befinden kann, dass ich Dinge sehen und erleben kann, die in meinem Leben so wohl nie stattfinden werden. Oder – und das hört sich vielleicht ein wenig gemein an – dass man an den Problemen von Menschen teilhaben kann, die die eigenen völlig übersteigen und nichtig machen. Dann schlägt man das Buch zu und empfindet das eigene Leben plötzlich als gar nicht mehr so dramatisch.

Außerdem kann man so viel Lernen aus Bücher! Sachbücher, die immer noch in dem Ruf stehen, trocken und langweilig zu sein, können uns Welten eröffnen und sie illustrieren, wie es kein Schulbuch der Welt vermochte. Und wer glänzt nicht gern bei dem nächsten Spielabend mit ein wenig (mitunter völlig unnützem) Wissen?

Welche sind deine liebsten Genres und warum?

Da bin ich ziemlich breit gefächert. Ich lese alles, was sich nach etwas anhört, dass man so noch nicht gehört hat. Ob es dabei um Fantasy geht oder Historisches, Krimis, Gruseliges oder Alltägliches – alles, nur kein 08/15 Schema, bitte! Wenn Geschichten dagegen damit beginnen, dass ein unscheinbares Mädchen eine große Gabe in sich trägt, diese aber erst mit Hilfe eines dunklen, geheimnisvollen und selbstverständlich unverschämt attraktiven Jünglings für sich entdeckt, da bin ich weg. Und zwar ganz schnell. 😀

Wie wichtig sind Buchblogger*innen deiner Meinung nach für die Buchbranche?

Wie schlimm wäre es, wenn ich mich und all die großartigen Buchblogger/innen als unwichtig empfinden würde? Wir sind sehr wichtig, das sehe ich immer wieder. Wir machen quasi kostenlos Werbung für wundervolle Bücher, und das rund um die Uhr. Problematisch wird es nur, wenn man immer wieder nur dieselben Bücher sieht, während andere, die es ebenso verdient hätten, mehr ins Rampenlicht zu rücken, unter dem Radar fliegen. Deswegen nehme ich mir immer wieder Zeit für meine eigene Backlist und stelle Bücher vor, die eben nicht gerade erst frisch auf dem Markt erschienen sind, die aber ebenfalls immer noch lesenswert sind. Geschichten kennen schließlich kein Verfallsdatum!

Was sind deine Top 10 Bücher aller Zeiten?

Nun habt ihr mich. Zuerst denkt man natürlich, dass es da unglaublich viele geben muss und nicht nur 10! Aber welche Bücher sind wirkliche Evergreens für mich? Mal schauen, ob ich 10 zusammenbekomme.

  1. „Verstand und Gefühl“ von Jane Austen, dtv Verlag – Jane Austen habe ich vor vielen, vielen Jahren dank meines Alltime-Favourite-Films „Email für Dich“ entdeckt und ihr mein Herz geschenkt. Ihre Bücher lese ich alle Jahre wieder und erfreue mich an ihrer Spitzfindigkeit, an ihren klischeehaften Rollenspielen, die so überspitzt und doch so realistisch rüberkommen, einfach wunderbar.
  2. „Der dunkle Turm“ von Stephen King, Heyne Verlag – Mein Lieblingsband dieser großartigen Mischung aus Fantasy und Western ist wohl der Vierte, „Glas“, weil wir dort in die Kindheit von Roland Deschain von Gilead eintauchen, aber im Grunde liebe ich alle Bände sehr. In diesem Sinne: lange Tage und angenehme Nächte, liebe Leser/innen!
  3. „Die Unvollendete“ von Kate Atkinson – Ein Buch über ein Leben, welches immer wieder von vorne beginnt, ohne dass es die Protagonistin Ursula weiß. Irgendwann spürt sie eine Art deja vu, aber eine Frage schwebt beständig über ihrem Leben: Können wir ein Leben leben, in dem es keine Fehler gibt?
  4. „Fuchsspur“ von Daniel P. Mannix, Deutsche Buch Gesellschaft – Mit diesem Buch fing vor einigen Jahren meine „The Story Behind“ Reihe an, bei der ich Disneyfilme mit ihren literarischen Vorlagen vergleiche. „Fuchsspur“ ist die Vorlage für Cap und Capper gewesen, und wie Mannix das Leben eines Fuchses beschreibt, hat etwas einmaliges. Es ist sehr atmosphärisch, absolut nicht kitschig – und ganz anders als der Film. Ein wahrer Schatz in meinem Regal, nicht nur weil es seit Jahren vergriffen ist.
  5. „Coraline“ von Neil Gaiman, Heyne Verlag – Neil Gaiman zählt zu meinen absoluten Lieblingsautoren und ich habe jedes Werk von ihm mehrfach gelesen. Mit „Coraline“ fing die Liebe damals an, denn wer kann einer Geschichte schon widerstehen, in der es darum geht, der Anderen Mutter mit den Knopfaugen zu entkommen, die sich deine unschuldige Kinderseele einverleiben will?
  6. „Unten am Fluss“ von Richard Adams, Ullstein Verlag – Der Film dazu hat mich als Kind schwer traumatisiert, ich kann ihn bis heute noch nicht anschauen. Mich an das Buch heranzuwagen, hat mich einiges an Nerven gekostet, doch die (durchaus blutige) Geschichte der Kaninchen, die eine neue Heimat suchen, nachdem sie von uns Menschen vertrieben wurden, ist unglaublich mitreißend erzählt und hat sich einen festen Platz in meinem Herzen ergattert.
  7. „Der Kinderdieb“ von Brom, Knaur Verlag – Fragt man mich nach meinen Lieblingsbüchern in der Kindheit, stehen Peter Pan und Alice im Wunderland an erster Stelle. „Der Kinderdieb“ ist eine großartige Adaption des Jungen, der niemals erwachsen werden wollte. Brom verbindet hier alle bekannten Fäden auf ganz neue Art und Weise miteinander und lässt ein Nimmerland auferstehen, in das man besser nicht geraten möchte!
  8. „Waffenschwestern“ von Mark Lawrence, Fischer TOR Verlag – Der Auftaktband zu einer wirklich außergewöhnlichen Fantasy-Trilogie mit starken, vielschichtigen Protagonistinnen, innovativen Fähigkeiten und einer in Eis erstarrten Welt ist ein Schmankerl für alle, die von Fantasy mehr erwarten als klischeehafte Liebeleien unter dem Banner der Weltrettung.
  9. „Ein Fall für Frey & McGray“ von Oscar de Muriel, Goldmann Verlag – Diese vielbändige Krimireihe packt nicht nur ein völlig ungleiches, und damit sehr dynamisches Ermittlerduo zusammen, sondern spielt immer wieder mit Mythos und Wahrheit. Denn in den Fällen, denen wir hier begegnen, weiß man nie so genau, ob die Hexe vom Berg nun real ist oder doch nur ausgemachter Humbug.
  10. „Rabenfrauen“ von Anja Jonuleit, dtv Verlag – Die Autorin beschäftigt sich hier mit der real existierenden Sekte Colonia Dignidad. Diese aus Deutschland stammende und nach Chile ausgewanderte Glaubensgemeinschaft bekommt dank dieses Buches ein Gesicht, bei dem man sich immer wieder fragen muss, warum diese Machenschaften über so viele Jahre geduldet wurden, sowohl von den Mitgliedern als auch von Außenstehenden, die dem Treiben einfach tatenlos zusahen.

Na, das ging ja einfacher als gedacht! Tatsächlich hätte ich immer noch weitere Titel, aber wenn ich nun noch drei mehr nennen würde, könnt ich auch fünf weitere nennen, oder zehn. Wo soll das enden?

Was wünscht du dir für die Zukunft im Umgang zwischen Verlagen und Bloggenden?

Es gibt Verlage, mit denen man als Blogger einen regen Austausch führen kann, bei denen man das Gefühl hat, dass ihnen deine Meinung wichtig ist und du nicht nur eine Werbeplattform ohne Gesicht bist. Bei anderen bekommt man dagegen kaum bis gar kein Feedback zurück, so dass die Zusammenarbeit eher einseitig wirkt, was immer wieder sehr schade ist.

Außerdem, auch wenn es bestimmt ein etwas leidiges Thema ist, aber wenn man bedenkt, wie viel (zeitlichen) Aufwand Blogger/innen für die vorgestellten Bücher zum Teil betreiben, wäre natürlich eine etwas größere Wertschätzung durchaus wünschenswert. Wenn man sieht, wie viel so manche Influenzer für weniger gut recherchierte Beiträge zum Teil verdienen, dann ist das in der Buchbranche schon ein kleines Armutszeugnis. Nicht, dass wir nicht sowieso gern über Bücher reden und schreiben würden, aber Kooperationen mit Verlagen sollten auch (besser) bezahlt werden. Schließlich würden wir damit auch wieder in neue Bücher investieren. 😉

Welche Erfahrung hast du mit Büchern von Selfpublishern gemacht?

Ehrlich gesagt, durchwachsene. Es gab ein paar, bei denen ich froh war, dass ich sie gelesen habe, aber bei den meisten waren meine Kritikpunkte dann doch größer. Auch wenn sich die meisten Selfpublisher mittlerweile ein Korrektorat / Lektorat leisten, finden sich in selbstverlegten Büchern doch mitunter mehr Fehler, als in Verlagsbüchern. Das mag manche nicht besonders stören, mich dafür aber umso mehr. Fehler passieren, aber mich reißen sie immer wieder völlig aus der Geschichte heraus und irgendwann lese ich dann ein Buch nur noch wie einen Schulaufsatz, immer den roten Stift gedanklich im Einsatz. Das bringt keiner Seite etwas. Die eigene Geschichte sollte einem so viel wert sein, dass man sie besten Gewissens auf die Leser loslässt.

Was wünscht du dir für die Zukunft im Umgang zwischen Selfpublishern und Bloggenden?

Ich kann mir vorstellen, wie schwer es für einen Autor oder eine Autorin ist, wenn die eigene Geschichte nicht den Anklang findet, die man sich erhofft hat. Aber Rezensionen sollten immer ehrlich sein, und damit muss man als Schreibender klarkommen. Dass man sich Kritik zu Herzen nimmt, ist völlig verständlich, aber man sollte seinen Frust nicht an uns Bloggern auslassen.

Einmal wurde ich von einem Autor als „Bloggerin in Rage“ auf seiner Seite betitelt, nachdem ich in meiner Rezension schrieb, dass sein Buch, das im Klappentext von einem Schizophrenen sprach, nichts mit diesem Krankheitsbild zutun hatte und der Autor da noch einmal gründlicher recherchieren sollte, bevor er so etwas veröffentlicht. Ein anderer meinte, mir und einigen anderen Bloggern sagen zu müssen, dass wir seine Geschichte ja falsch verstanden und gelesen hätten und dass es ja wohl sehr auffällig wäre, dass wir uns in den angesprochenen Kritikpunkten so ähnlich wären, während frühere Testleser/innen sein Werk einfach nur gelobt hätten. Kurzum, Autoren und Autorinnen sollten über der Kritik stehen, sie bestenfalls annehmen oder zumindest überdenken und uns nicht unsere vermeindliche Aufgabe erklären.

Lesen die Menschen immer weniger? Welchen Trend beobachtest du?

Dass Menschen weniger lesen, habe ich so nicht unbedingt beobachten können, da käme es vielleicht auf den Zeitraum an. Ich war in meinem Umfeld schon immer eher eine Ausnahme mit meinem Buch in der Hand, unter dem Schultisch, in der Bahn. Umso mehr freue ich mich, wenn sich jemand ebenfalls mit einem Buch neben mich setzt und man sich plötzlich unter Gleichgesinnten wähnt. Was ich stattdessen beobachte, ist der Trend, dass Bücher immer mehr zu Ramschware verkommen. Immer mehr in immer kürzerer Zeit und nach zwei Wochen in der Auslage schon wieder versteckt und vergessen. Bücher sind ein wichtiges Kulturgut, und das sollten wir immer im Herzen behalten.

Wo siehst du deinen Buchblog in fünf Jahren?

Uff. In fünf Jahren wäre mein Blog schon zehn Jahre alt! Ich hoffe natürlich, dass ich ihn dann immer noch voller Freude betreibe und dass ihn immer noch so viele Menschen besuchen, stöbern und neue und alte Schätze für sich entdecken können.

 

Wenn du mehr von Gabriela und ihren Rezensionen lesen möchtest, besuche Buchperlenblog und hinterlasse liebe Grüße vom Buchensemble!

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