Aller Anfang ist schwer – Der zerstreute Zeireisende

Ich dachte mir, als Einstand hier im Buchensemble würde es Sinn ergeben, ein Buch von meinem Lieblingsautor zu wählen. Damit kann man schließlich kaum etwas falsch machen. „Kaum“ bedeutet aber leider, dass man doch was falsch machen kann und so griff ich zur neusten Veröffentlichung des verstorbenen Terry Pratchett und alleine das hätte mir Warnung genug sein sollen.

 

Drei Dinge, die ich bereits auf den ersten Seiten des Buchs gelernt habe

1. Posthume Veröffentlichungen von großen Autoren sind viel zu oft nur ein Cash-Grab
2. Selbst die größten Autoren haben mal klein angefangen
3. Ich mag keine Bilderbücher

Nicht nur der Zeitreisende ist zerstreut – Gesamteindruck von „Der zerstreute Zeitreisende“

Das Buch enthält eine ganze Reihe von Kurzgeschichten, die eindeutig zu den schwächeren (um nicht zu sagen: den schwächsten) Werken Pratchetts gezählt werden dürften. Dementsprechend quälend war die Nummer für mich.

Generell habe ich auch kein Problem damit, Bücher abzubrechen. In der Regel gebe ich einem Buch so 20 bis 30 Seiten, wenn es mich dann nicht gefangen hat, gebe ich auf und weiche auf was anderes aus.

Hier habe ich die Qual allerdings vollzogen, weil ich einfach keinen Pratchett vorzeitig abbrechen wollte. Außerdem ist durch den Inhalt aus vielen Kurzgeschichten ja immer die Möglichkeit gegeben, dass doch noch eine gute Geschichte kommt.

 

Stärken des Buchs:

Das wird eher kurz:

Die Illustrationen sind schon toll und passen auch gut zu den Geschichten.

Die Geschichten selbst sind zwar simpel, aber hier und da durchaus einfallsreich. Die Kreativität von Pratchett schimmert durchaus an ein oder zwei Ecken durch. Es sind eben die Anfänge eines kreativen Kopfes, der einer der größten werden sollte. Mehr kann man da vielleicht auch einfach nicht erwarten.

Schwächen des Buchs:

Erwartungshaltung ist aber immer auch das, was einem vorgegeben wird. Und wenn man groß Terry Pratchett auf das Cover schreibt, erwartet man eben auch Terry Pratchett, wie man ihn kennt.

Ich will hier auch gar nicht zu sehr auf die Geschichten eingehen. Die gehören zu den ersten Werken Pratchetts und wurden vor Ewigkeiten in Tageszeitungen abgedruckt. Da Pratchett leider selbst keine neuen Geschichten mehr schreiben kann, suchen Verlage natürlich händeringend nach Stoffen, die sie noch irgendwie verwerten können.

Dieses Buch ist genau das: Eine Verwertung von noch verfügbaren Inhalten, die aber eigentlich nicht für eine volle Veröffentlichung ausreichen. 336 Seiten hat das Buch. Darauf verteilen sich 17 Geschichten. Im Durchschnitt sind das knapp 20 Seiten pro Geschichte. Das ist natürlich völlig okay, es ist allerdings mit einem großen „Aber“ verbunden.

Diese 336 Seiten erkauft sich der Verlag durch eine besonders große Schriftgröße und Seiten voll mit Illustrationen. Das geht so weit, dass es anmutet wie ein Bilderbuch, auf deren Seiten teilweise nur ein Satz steht. Der textliche Inhalt hätte höchstens für die Hälfte der Seiten gereicht, aber dann hätte man das Buch wohl nicht zum Vollpreis anbieten können.

Wenn ihr Kinder habt, ist das hier vermutlich ein guter Einstieg zu Pratchett. Harmlose, seichte Geschichten ohne großen Tiefgang oder spannende Momente. Für erfahrene Leser bleibt hier nichts zurück.

Mein Fazit:

Im besten Fall ist das hier was für absolute Fans von Pratchett. Aber selbst für die dürfte aus diesem Buch nur sehr wenig herauszuziehen sein. Zu wenig kommt von Pratchetts späterem geistreichen Einfallsreichtum herüber, zu wenig zeigt sich der intelligente und kritische Blick auf die Gesellschaft, der die besten Romane des Erfinders der Scheibenwelt ausmacht.

Das hier ist höchstens ein Blick auf die Anfänge eines der ganz Großen und die Erkenntnis, dass auch die Größten mal irgendwo anfangen müssen. Zumindest das ist aber eine hilfreiche Lehre, denn es bedeutet, dass wir alle es auch noch schaffen können, ganz groß zu werden. Für irgendwas ist halt jedes Buch von Pratchett gut, auch wenn es eher ein Cash-Grab ist.

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