Ich wusste nicht, dass ich innere Souveränität brauchte – 50 Sätze, die das Leben leichter machen
„Da verzeihe ich mir am besten gleich einmal selbst“ – Abgrenzung hatte für mich nie einen harten Beigeschmack. Ich hatte nie Probleme damit, mich von anderen abzugrenzen – aber die anderen hatten Probleme damit, wenn ich das tat. Und ich ging davon aus, dass ich innere Souveränität nicht brauchte; eher genug davon hatte. Doch die 50 Sätze, die das Leben leichter machen, haben es in sich – und sie zeigten mir, an welchen Stellen ich noch eine ganze Menge lernen und umsetzen kann.
Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:
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Das Buch noch einmal gelesen
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Mir drei Sätze für die ersten Feldversuche rausgesucht
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Das Buch nochmal gekauft (als Geschenk)
Mein Eindruck zu „50 Sätze, die das Leben leichter machen“:
„50 Sätze, die das Leben leichter machen“ hat mich verfolgt. Schon vor der Frankfurter Buchmesse hat mich das Buch ständig irgendwo angelächelt und angezogen. Ich mag den Farbkontrast, das Cover gefällt mir sehr gut. Aber ich habe durch mein aktuelles Coaching eigentlich eine Art Sachbuch-Leseverbot, zumindest eine Art Selbstverbesserungs-Ratgeber-Leseverbot. Nachdem mich das Buch dann auf der Frankfurter Buchmesse magisch angezogen hat und ich nicht anders konnte, als reinzulesen, war ich dann gefangen. Es geht nicht um irgendwelche wirkungslosen Affirmationen, es geht nicht um rein theoretische Persönlichkeitsentwicklung mit Tschakka-Vibes, durch die du nur in Analyse-Paralyse verfällst – nein. In „50 Sätze, die das Leben leichter machen“ geht es ums Umsetzen. Um die Praxis. Ich-Botschaften: ja. Schulz-von-Thun und sein Modell, das wohl jedem aus gleich vier Ohren herausquillt: nein.
Stärken des Buchs:
Die größte Stärke von „50 Sätze, die das Leben leichter machen“ … na ja, sind 50 Sätze, die das Leben leichter machen. Doch fangen wir weiter vorn an.
Toll finde ich, dass die Autorin sich auf das Wesentliche fokussiert. Am Anfang erklärt sie kurz, worum es geht und dass dieses Buch nicht gendert, obwohl alle mitgemeint sind, dass man das Buch nicht von vorn bis hinten lesen muss (was ich aber dennoch zwei Mal getan habe) und ab geht’s. Keine ewig lange Erklärung, wer Karin Kuschik ist, warum sie dieses Buch schreibt, wie erfolgreich sie in Bereichen x, y und z ist, wie diese 50 Sätze ihr eigenes Leben besser gemacht haben … nö! Einfach nur das Wesentliche und ab geht die Post. So mag ich das.
Erfahrungen und Botschaften
Dann ging es gleich ans Eingemachte. Die meisten Sätze sind Ich-Botschaften, die Karin Kuschik zunächst einmal nennt und dann durch beispielhafte Situationen einführt. Die Situationen beruhen auf Kuschiks Erfahrungen aus ihrem Coaching. Anscheinend ist sie so eine Art Fernseh-Coach, so ganz genau weiß ich das nicht, aber ihr ungefähres Berufsbild zeichnet sich durch die gewählten Beispiele ab.
Neben Ich-Botschaften gibt es aber so schöne kleine entwaffnende Wörtchen wie „und“. Wie in: „Ich verstehe das und es gefällt mir nicht“. Wie schön dieses „und“ beide Teilsätze auf gleicher Höhe und mit gleicher Wertigkeit nebeneinander stehen lässt, ist großartig. Ein „aber“ fordert Rechtfertigungen und weitere „aber“-Sätze heraus und setzt zwei Teilsätze immer in eine Art hierarchische Relation. Solche kleinen Kniffe sind für die alltägliche Kommunikation toll.
Hier sei aber angemerkt, dass ich Unternehmerin und Arbeitgeberin bin, also die meiste Kommunikation mit Kunden und Angestellten führe. Mein Bedürfnis nach innerer Souveränität rund um Kommunikation ist also immens groß.
Toll fand ich auch, dass es hier wirklich nur um 50 Sätze geht, die mein Leben leichter machen. Es geht nicht darum, anderen zu gefallen, anderen nicht auf den Schlips zu treten, anderen ihre Interpretationen des Gesagten vorwegzunehmen – das finde ich großartig.
Mit viel zu vielen Kommunikationsthemen kam ich bisher nicht zurecht, weil es ständig darum ging, seine eigenen Aussagen selbst zu beschneiden in der Vorausahnung, was jemand anderes mit den eigenen Worten machen könnte.
Aber wisst ihr was? Nicht mein Problem. Nicht meine Worte verletzen die anderen. Die anderen verletzen sich an meinen Worten. Wenn ich jemandem sage „du kannst nicht stricken“, verletzt das die meisten Leute nicht. Die eine Person unter hundert, die sich dadurch angegriffen fühlt, sollte sich mal überlegen, warum sie sich den Schuh anzieht.
Die größte Stärke
Und da kommen wir zur größten Stärke: Ich habe gelernt, dass mein Kommunikationsumfeld eine Katastrophe ist (bzw. war). Situationen, die ich schon längst als „so funktionieren Menschen eben“ abgetan habe oder die ich schon lange als gegeben und als „Teil meines Jobs“ genommen haben, werden von Karin Kuschik als das enttarnt, was sie sind: Grenzübertritte.
Es ist nicht normal, wenn mein immer wieder „Nein“ ignoriert wird. („Wie gesagt“)
Es ist nicht okay, wenn ich eine Entscheidung treffe und dann nach der final getroffenen Entscheidung alle Diskussionen und Argumente von vorn losgehen. („Ich verstehe dich absolut, und ich möchte gern was anderes“)
Ich muss nicht akzeptieren, dass sich andere Leute nicht an konkrete Vereinbarungen halten. („Mein Bestes ergibt nur dann Sinn, wenn du auch dein Bestes gibst“)
Die zwanzigminütigen Monologe meines Nachbarn über Elektrotechnik müssen nicht dafür sorgen, dass ich meine kostbare Lebenszeit verschwende. („Ich merke gerade, dass mich das Thema nicht wirklich interessiert“)
Und nur, weil ich in meinem Unternehmen die Chefin bin und mal etwas entschieden habe, was für alle gilt, heißt das noch lange nicht, dass ich mich auch umentscheiden darf. („Ich habe mich umentschieden“)
Das darf man auch erstmal erkennen.
Schwächen des Buchs:
Nun zu der einen Schwäche des Buches. Was ist denn das mit dieser inneren Souveränität? Kommt die durch die Übung, oder …?
Ich habe ehrlich gesagt durch „50 Sätze, die das Leben leichter machen“ vor allem äußere Souveränität erlangt. Das ist toll und im (Geschäfts-)Alltag wirklich nützlich. Aber innen ist nicht so wirklich was angekommen dabei. Vielleicht liegt es daran, dass ich innen drin schon immer souverän war. Ich wusste schon immer, wann jemand meine Grenzen überschritten hat, wann mich jemand mit seinem Trauma Dumping über alle Maßen belastet hat, wann mich jemand nervt, ausnutzt, schlecht behandelt oder belügt. Durch die zwei Hände voll Sätze, die ich von den 50 Sätzen vermutlich wirklich im Alltag verwenden werde, werde ich nur äußerlich souverän: Denn ich kann endlich unfallfrei kommunizieren, wo meine Grenzen sind – und bisher war jede Anmerkung, die sagen sollte „du überschreitest eine meiner Grenzen“ immer eine Einladung zu Diskussionen, die wiederum ein Grenzübertritt waren.
Mein Fazit:
Mein Fazit? Menschen machen müde. Erst durch den Lichtblick, den „50 Sätze, die dein Leben leichter machen“ mir gegeben hat, habe ich begriffen, dass es sie doch noch gibt: Eine Welt, in der andere Menschen die Sachen, die ich sage, so verstehen, wie ich sie gemeint habe. Ich wünsche mir, dass ich jetzt ganz viel Übung bekomme, die Sätze auszusprechen und dass die Menschen in meinem Umfeld ganz viel Übung bekommen, die Sätze zu hören, zu akzeptieren und vielleicht auch die Vorteile von ihnen zu erkennen und sie selbst für sich anzuwenden.
Wenn jeder allein folgenden Satz verinnerlichen würde: „Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich“, dann … boah, was wäre die Gesellschaft trotz all der Menschen darin toll!
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50 Sätze, die das Leben leichter machen
Karin Kuschik
Ratgebererschienen bei Rowohlt
22. März 2022
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Kia liest. Nicht nur Sachbücher zur persönlichen Entwicklung und Schreibratgeber, sondern auch Entwicklungsromane, nerdige Science Fiction und alles, was zwischen Utopie und Dystopie ein bisschen Drama angereichert hat. Beim Buchensemble gibt sie hin und wieder Einblicke in ihre Reiseberichte, die sie beim Durchqueren spannender Welten anfertigt.