Intensiv und bildgewaltig – Dinosaurier auf anderen Planeten

Intensiv und bildgewaltig – Dinosaurier auf anderen Planeten

Ausschnitte aus dem alltäglichen Leben, Emotionen und Konstallationen zwischen Menschen: In ihrer in Irland angesiedelten Kurzgeschichtensammlung schreibt Danielle McLaughlin über das Leben und Beziehungen, und vor allem über Menschlichkeiten.

Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:

  1. Zähne geputzt.
  2. Geduscht.
  3. Im Bett über die Geschichten nachgedacht.

Mein Eindruck zu „Dinosaurier auf anderen Planeten“:

Um mich mit Kurzgeschichten zu überzeugen, gehört schon einiges dazu. Wer meine Rezensionen verfolgt weiß, dass sie nicht zu meinen liebsten Genres gehören – trotzdem hat es wieder einmal ein solches Buch auf meine Leseliste geschafft. Maßgeblich dafür verantwortlich war wohl einerseits der Titel. „Dinosaurier auf anderen Planeten“ – was soll man sich unter einem solchen Buch vorstellen? Und auch das Cover war bestimmt nicht ganz unschuldig, so schön gestaltet, richtig edel mit dem schwarz und dem Orange und dem Vogel drauf.

Noch schwieriger als mich dazu zu bewegen Kurzgeschichten zu lesen ist es allerdings, mich dazu zu bewegen, Kurzgeschichten zu rezensieren. Was schreibt man über elf Geschichten, die alle so verschieden sind, so wenig miteinander gemein haben, dass man nicht einmal wirklich eine Inhaltsangabe machen kann? Wie verfasst man eine Rezension, die dieser Vielfalt angemessen ist?

Stärken des Buchs:

„Dinosaurier auf anderen Planeten“ hat mir sehr gut gefallen. Das ist jetzt natürlich nicht gerade die kreativste Bewertung, aber irgendwie muss ich beginnen. Es hat mir sehr gut gefallen, weil Danielle McLaughlin eine hervorragende Sprache hat. Mit einer Art schonungslosen Poesie greift sie Alltagssituationen auf, die Schreckliches bergen. Sprachlosigkeit ist eines der Themen, die sich durch alle Geschichten zieht, und Beziehungen, Einsamkeit und Distanz, die Schönheit der grausamen Dinge. Ihre Geschichten, die allesamt in Irland spielen, sind wie die Landschaft karg und schorf, ohne Anfang und Ende. Man fällt einfach an einer Stelle hinein und an einer anderen hinaus, behält nur einen bitteren Beigeschmack und die Frage, was wohl aus den Protagonisten geworden ist.

Dies ist gleichzeitig auch der Zauber der Geschichten, die gerade durch ihre Anfangs- und Endlosigkeit und die starken Bilder und Emotionen so intensiv auf den Leser bzw. die Leserin wirken, dass man sie lange nicht vergisst. Ihre Protagonisten sind menschlich, manchmal zu menschlich, und bleiben trotz ihrer Grausamkeiten, trotz ihrer Fehler nachvollziehbar, auch wenn man nur einen kurzen Blick auf sie erhascht.

Schwächen des Buchs:

Für andere mag diese Art des Schreibens anstrengend wirken. Wer in sich abgeschlossene Storys sucht, die man so nebenbei vor dem Einschlafen lesen kann, ist hier falsch. Auch schöne Geschichten findet man nicht, genauso wenig wie sanfte Lügen, oder makellose Protagonisten. McLaughlins Geschichten sind brutal und oft auch gewalttätig, meistens kommt das eine oder andere Tier zu Schaden, noch öfter Menschen – psychisch, aber auch körperlich. So gut das Buch auch sein mag, so unangenehm kann es also werden. Und wer was Süßes lesen mag: Hier ist wirklich Vorsicht geboten.

Mein Fazit zu „Dinosaurier auf anderen Planeten“:

Trotzdem (und wahrscheinlich auch gerade deswegen) hatten für mich alle ihre Geschichten einen gewissen Reiz, der mich, obwohl es ein Kurzgeschichtenband war, der ja eigentlich nicht wie ein Roman so aufregend sein sollte, dass man  quasi immer noch „ein Kapitel lesen will“, die halbe Nacht wachgehalten. Wahrscheinlich durch die unabgeschlossenen, unaufgelöste, unausgesprochene Geschichten hatte ich dauernd das Gefühl, einen Cliffhanger vor mir zu haben, und musste immer weiter und weiter lesen, sodass ich die zweite Hälfte des Buches bis in die Nacht hinein buchstäblich aufgefressen habe.

Lieblingsgeschichte kann ich so keine wählen, aber die Geschichte, die mir am intensivsten im Gedächtnis geblieben ist, war eindeutig „Die Nacht des Silberfuchses“, eine der bildgewaltigsten und emotionalsten, wenn ihr mich fragt. Aber auch alle anderen Geschichten in „Dinosaurier auf anderen Planeten“ haben mich restlos überzeugt. Insofern vergebe ich guten Gewissens 5 von 5 Sternen und frage mich – weil ich bisher (glaube ich) jeder Kurzgeschichtensammlung hier diese Wertung gegeben habe – ob ich nicht heimlich doch ein bisschen eine Kurzgeschichtenleserin bin.

Du willst mehr von M. D. Grand lesen? Hier gelangst du zu ihren Rezensionen.



Dinosaurier auf anderen Planeten

Danielle McLaughlin

Kurzgeschichtensammlung
Hardcover, 251 Seiten

erschienen bei Luchterhand

22. Februar 2021

ISBN 978-3630874920

Jetzt für 20,00 € kaufen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert