Lesen in Leipzig

Lesen in Leipzig

Der Blog des Monats April ist “Lesen in Leipzig”. Jennifer Hahn stellt sich heute unseren Fragen.

Fotos: © Laura S.

Bereits 2012 ist Jennifer für ihr Studium der Germanistik nach Leipzig gezogen. Einen Bachelor und einen Master of Arts später hatte sie sich so sehr in die Messestadt mit ihren zahlreichen Parks und dem gemütlichen Flair verliebt, dass sie gar nicht mehr aus ihrer liebgewonnenen Herzensstadt fortziehen wollte. Also lebt und liest sie noch immer in Leipzig, auch wenn das Studium nun schon ein paar Jahre vorbei ist. Neben engen Freundschaften ist aus ihrer Studienzeit noch der Blog “Lesen in Leipzig” geblieben, der 2017 nach einem Uni-Projekt entstand. Dort stellt sie neue und ältere Bücher aus verschiedenen Genre vor, ganz so wie ihre Leselust sie eben leitet.

Warum betreibst du deinen Buchblog?

Ich liebe es zu lesen, aber noch mehr liebe ich es, mich über das Lesen auszutauschen. Mein Blog gibt mir die Möglichkeit, meine Begeisterung für gute Geschichten zu teilen und meine Leser*innen immer wieder auf neue – und ältere – spannende Geschichten aufmerksam zu machen. Manchmal bekomme ich sogar die Rückmeldung, dass jemand sich das Buch aufgrund meiner Rezension gekauft hat. Das ist dann meine größte Motivation weiter zu bloggen.

Was magst du an Büchern?

Ich mag vor allem die Vielfalt in der Literatur: Ganz egal in welchem Genre, ich finde es faszinierend, welche Bandbreite an Themen sich in Büchern findet. Oftmals lese ich ein Buch, weil mich ein Detail im Klappentext neugierig gemacht hat. Aber unverhofft entdecke ich zahlreiche andere Themen, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Das liebe ich an Literatur: Das Vorhersehbare gemischt mit dem Unvorhersehbaren! Oftmals existieren ja auch bestimmte Vorstellungen von Genre und ein gewisser Klassizismus. Wenn man genauer hinschaut, dann kann man aber in jedem Buch gesellschaftskritische Verweise finden oder ernste Themen, auch in Genre, in denen man eigentlich „nur“ (bewusst in Anführungszeichen) Unterhaltung sucht. Auch das finde ich faszinierend, weil es zeigt, dass man sich eigentlich nur lange genug mit jedem Buch beschäftigen müsste, um die gesamte Tiefe zu erfassen.

Welche sind deine liebsten Genres und warum?

Welche Genre ich lese hängt tatsächlich stark von meiner jeweiligen Laune ab: Grundsätzlich lese ich viel Belletristik, aber nur wenn mich das Thema oder die Story interessiert. Seit meinem Studienende ist auch mein Interesse an Sachbüchern gewachsen, weil ich sonst wenig Möglichkeiten habe Neues zu lernen. Und seit ich vermehrt Hörbücher höre, mischen sich auch immer wieder Krimis in meine Playlist, die habe ich vorher jahrelang nicht mehr angerührt. Eigentlich habe ich mich nämlich schon vor Jahren an Krimis “überlesen”. Aber das zeigt nur, dass es für jedes Buch nur den richtigen Moment geben muss und man sich nicht zu sehr an Genre-Kategorien festhalten darf.

Wie wichtig sind Buchblogger*innen deiner Meinung nach für die Buchbranche?

Ich glaube, das kommt ein bisschen darauf an, welchen Zweck man Buchblogger*innen zuschreibt. Natürlich machen Buchblogger*innen (kostengünstige) Werbung für die Buchbranche, andererseits haben die meisten Blogs eine sehr kleine Leserschaft, die sich zudem zu großen Teilen aus anderen Buchblogger*innen zusammensetzt. Dennoch geben Blogs natürlich wichtige Impulse, wenn es um aktuelle Trends und Entwicklungen geht. Am Ende sind Blogger*innen eben auch Leser*innen und geben zudem ein wesentliches ausführlicheres Feedback zur Geschichte und dem Schreibstil als Verlage oder Autor*innen es normalerweise erhalten. Darum ist die Frage der Wichtigkeit immer auch ein wenig eine Frage des Zwecks, den man Buchblogger*innen zuschreibt.

Was sind deine Top 10 Bücher aller Zeiten?

Natürlich ist die Frage nach den Top 10 Büchern aller Zeiten ebenso wie beliebt wie gemein! Und vermutlich könnte man mir diese Frage bestimmt wöchentlich neu stellen und würde jeweils eine andere Auswahl von mir genannt bekommen. Dennoch versuche ich einmal eine exemplarische Auswahl zusammenzustellen:
Ziemlich sicher weit oben auf meiner Liste sind Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers, Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier, Die Bücherdiebin von Markus Zusak und Bestseller von Beka Adamaschwili. Hier zeigt sich auch, dass ich (wie so viele Bibliophile) nur zu gerne über Bücher und die Buchwelt selbst lese. Außerdem gehören Der Report der Magd von Margarete Atwood, Swing Time von Zadie Smith und Kampfsterne von Alexa Hennig von Lange zu meinen Lieblingen, aufgrund ihrer erzählerischen Dichte und ihres ungeschönten Erzählstils. Mein Lieblingsklassiker ist Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt, ein bitterböses und sehr gesellschaftskritisches Theaterstück. Untenrum frei von Margarete Stokowski und Wenn Männer mir die Welt erklären von Rebecca Solnit gehören zu meinen liebsten feministischen Büchern, die ich für Anfänger und Fortgeschrittene uneingeschränkt empfehle. Die Geschichte der Bienen (Hörbuch) von Maja Lunde und Die Naturgeschichte der Drachen von Marie Brennan gehören ebenso zu meinen oft gelesenen Lieblingen wie Leopardenblut von Nalini Singh und Grün wie die Hoffnung von Nora Roberts (bzw. exemplarisch die jeweilige Buchreihe), die ich in meiner Jugend gelesen habe und gerne bis heute immer wieder lese.
So, und wer hat mitgezählt? 😀

Was wünscht du dir für die Zukunft im Umgang zwischen Verlagen und Bloggenden?

Für die Zukunft wünsche ich mir einen weiterhin respektvollen Umgang auf beiden Seiten. Ich denke, dass Verlage und Blogger*innen wechselseitig voneinander profitieren und ich begrüße, dass der Kontakt über die Jahre sowohl persönlicher als auch professioneller geworden ist. Durch die letzten beiden Jahre haben sich bei vielen Verlagen zudem bereits Online-Termine wie Vorab-Lesungen oder digitale Blogger-Vorschautermine etabliert und das begrüße ich ebenfalls sehr, weil es den Kontakt vereinfacht und zugleich wesentlich zugänglicher im Alltag ist. Ich hoffe, dass solche Online-Termine auch nach der Pandemie erhalten bleiben und die Messen sozusagen ergänzen.

Welche Erfahrung hast du mit Büchern von Selfpublishern gemacht?

Ganz grundsätzlich habe ich gute Erfahrungen mit Selfpublisher*innen gemacht, vor allem mit denjenigen Selfpublisher*innen, die sich bereits stark professionalisiert haben. Allerdings muss ich sagen, dass ich eigentlich fast nur Bücher von Selfpublisher*innen lese, die ich vorher bereits persönlich von Messen oder zumindest durch einen längeren digitalen Austausch kannte, oder die mir persönlich von anderen empfohlen wurden. Mit unaufgeforderten Rezensionsanfragen habe ich dagegen eher negative Erfahrungen gemacht und lehne diese inzwischen grundsätzlich ab.

Was wünscht du dir für die Zukunft im Umgang zwischen Selfpublishern und Bloggenden?

Auch hier wünsche ich mir einen professionellen und zugleich persönlichen Umgang, ähnlich wie mit Verlagsmitarbeiter*innen. Ganz grundsätzlich finde ich es schade, dass es selten einen direkten Austausch zwischen Selfpublisher*innen und Blogger*innen gibt. Auf Literaturveranstaltungen wie Messen oder Litcamps beobachte ich leider oft, dass sich beide Gruppen stark voneinander separieren. Vielleicht würde eine gewisse Vermischung beiden Seiten gut tun.

Lesen die Menschen immer weniger? Welchen Trend beobachtest du?

Ich glaube nicht, dass der allgemeine Trend dahingeht, dass Menschen grundsätzlich weniger lesen. Natürlich gibt es heutezutage viele andere Medien, die um eine immer begrenztere Aufmerksamkeit konkurrieren. Diese gibt es ja aber nicht erst seit einigen Jahren. Ganz generell glaube ich, dass die Frage wie viel oder wenig jemand in einer bestimmten Lebensphase liest sehr von den jeweiligen Lebensumständen abhängt. Ich habe selbst gemerkt, dass ich mit dem Beginn meiner Berufstätigkeit wesentlich weniger Zeit und auch Aufmerksamkeit zum Lesen hatte. Seit kurzem erwacht meine Leselust aber auch wieder und führt dazu, dass ich nicht nur wieder mehr lese, sondern mich auch neuen Genre widme und verstärkt Hörbuch höre. In einem halben Jahr sieht das aber vielleicht alles wieder anders aus. Ich glaube, dass dies eine ganz typische Entwicklung für viele Menschen ist.

Wo siehst du deinen Buchblog in fünf Jahren?

Ich hoffe natürlich, dass ich in 5 Jahren noch immer begeistert lese und auch blogge und bin selbst schon gespannt mit welchen Büchern, Genre und Themen ich mich in 5 Jahren beschäftigen werde! Ganz sicher wird es aber auch in 5 Jahren noch genug spannende Novitäten zum Rezensieren geben und meinen Stapel ungelesener Bücher werde ich bis dahin vermutlich auch noch nicht abgelesen haben. Wer wissen möchte, wie es auf Lesen in Leipzig weitergeht, ist herzlich eingeladen regelmäßig bei mir vorbeizuschauen, ich freue mich über stille Leser*innen ebenso wie über fleißige Kommentarschreiber*innen! 🙂

 

Wenn du mehr von Jennifer und ihren Rezensionen lesen möchtest, besuche “Lesen in Leipzig” und hinterlasse liebe Grüße vom Buchensemble!

2 Replies to “Lesen in Leipzig”

  1. Vielen Dank für den Beitrag. Die Antworten haben mich neugierig gemacht und ich freue ich immer sehr, neue Blogs zu entdecken, Blogs die mir eine Vielfalt im Reader ermöglichen. Liebe Grüße und einen schönen Sonntag, ich lese dann mal bei ‹Lesen in Leipzig›.

    1. Hallo Konstantin,
      vielen Dank für deine Nachricht. Das freut uns sehr. 🙂
      Viel Spaß beim Lesen und Entdecken.
      Liebe Grüße

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