Oliver Pocher is back – Nur kurz leben
Richie ist ein Loser, findet er auch selbst. Von seinen vielen Jobs hat er die Schnauze voll, deswegen raubt er die Tankstelle nach Schichtende auch aus. Mit dem geklauten Auto einer Kundin will er ins Ausland und ein neues Leben beginnen. Er dachte, seine Aktion habe sein Leben gehörig verändert, bis ihn mitten auf der Autobahn ein Husten von der Rückbank erschreckt.
#Werbung – bei dieser Rezension handelt es sich um eine beauftragte Rezension.
Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:
- Geguckt, was Oliver Pocher momentan eigentlich so macht (so hab ich das Wort „Hasskampagne“ gelernt).
- Noch mal das schöne Cover bewundert.
- Noch mal Knockin on Heaven’s Door geguckt
Mein Eindruck zu „Nur kurz leben“:
Auf „Nur kurz leben“ war ich schon scharf, seit ich das erste Mal hörte, dass die Autorin ein Buch herausbringt, ihr Debüt wohlgemerkt. Ich mag den Titel, ich mag das Cover, ich mag die kurzen Sätze und ich mag das Thema. Ganovengeschichten haben irgendwie was, verbotene Freiheit ist zwar kindisch, aber hat trotzdem Sexappeal. Die ersten Seite hab ich dann leider nur mit Mühen überwunden.
Stärken des Buchs:
Die Autorin schwurbelt nicht. Ich wünschte, ich könnte sowas mal unerwähnt lassen, weil es selbstverständlich sein sollte, aber leider dominiert bei den meisten Autor*innen ein blumenverseuchtes Ego-Gehirn beim Schreiben. Bei Strefford nicht, sie benutzt eine klare Sprache und kurze Sätze. Manchmal sogar so kurze Sätze, dass selbst ich ein paar Unds einbauen will, aber damit kann ich gut leben.
Die Autorin schreibt über echte Menschen, was angenehm ist. Die Figuren haben keine Namen, von denen man sich in der Kindheit wünscht, so zu heißen und dann seinen Teddybär so nennt. Eigentlich sagt die Figur Richie das schon recht passend, er sei völlig durchschnittlich. Ich lese gerne über Normalos, denn die sind viel spannender als diese Übermenschen.
Die Geschichte hat wenige Stellen, an denen sie outside the box denkt, was mir unglaublich gefallen hat, etwa weil sie Sexualität und Freundschaft in entspanntere Bahnen lenken – so wie es eigentlich sein sollte.
Schwächen des Buchs:
Der Beginn ist in meinen Augen unklug gewählt. Meine gesamte Vorfreude prallte daran ab. Ich musste mich mit einer Figur auseinandersetzen, die vor Sarkasmus triefend erzählt, ihr Leben wäre so öde und dann in aller Detailfreude davon berichtet – natürlich finde ich das als Leserin dann auch nicht spannend. Mein größtes Problem lag am Humor, denn ich lache nicht über angeblich ach so missverstandene Menschen, die sich über andere lustig machen, damit sie sich besser fühlen.
Nach einem kurzen Aufschwung plätscherte für mich die Geschichte dann relativ ereignislos so dahin. Es gibt einige actionreiche Szenen, die mich aber nicht groß kümmern. Getragen werden sie von den wahllosen Entscheidungen der Hauptfigur, der den Jugendlichen auf seinem Rücksitz, Leon, loswerden oder doch mitnehmen will, je wie es gerade zur Handlung passt. Ich bilde mir ein, hier stark die Stimme der Autorin gehört zu haben, die ihre Figuren zwingt, anstatt zu schauen, wohin sie von ihnen geführt wird. So entsteht auch keine authentische Freundschaft zwischen Richie und Leon, sondern ein Konstrukt, dem man wohl oder übel glauben muss. Nahe geht mir das alle aber deswegen leider nicht.
Das kurze Leben und seine Message
Die Figuren hatten keinerlei Tiefe. Ihre Eigenschaften beschränkten sich auf die, die für den Plot wichtig waren. Besonders auffällig war das bei Leon, dem 15-Jährigen auf dem Rücksitz, den Richie aus Versehen kidnapped. Eigentlich hat er gar keine Eigenschaften, außer dass er eben jugendlich ist und deswegen Standard-genervt und viel „Mann“ sagt. (ACHTUNG, der nächste Satz beinhaltet SPOILER!) Dann ist er natürlich noch schwer krank, weswegen er viel schläft. Das habe ich leider schnell vorhergesehen und nach meinem Geschmack wurde mir das dann auch zu sehr ausgeschlachtet. So war für mich auch das Ende klar, denn das Leben ist kurz und wir müssen uns trauen und diese Message wäre ja nicht viel wert, wenn dahinter keine Tragik steckt.
Insgesamt hat mich das Werk sehr an Knockin On Heaven’s Door erinnert, aber besetzt mit Oliver Pocher, der mit seinem Humor sehr gut ins Buch hineinpasst. Zwischendurch musste ich dann stark an Tschick denken. Leider ist der Film und das Buch in meinen Augen besser gelungen als „Nur kurz leben“.
Mein Fazit zu „Nur kurz leben“:
Ich glaube, Bücher, für die ich große Hoffnungen habe, haben es bei mir auch besonders schwer. Trotzdem kann ich „Nur kurz leben“ nur subjektiv bewerten: Hab ich beim Lesen gejubelt oder nicht? Nein. Enttäuscht bleibt mir nichts anderes übrig, als auf das nächste Buch der Autorin zu warten, mit ebenso großer Hoffnung.
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Nur kurz leben
Catherine Strefford
Reiseroman Dramaerschienen bei Books on Demand
8. April 2020
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Magret liest nie, ohne dabei zu schimpfen. Am wenigsten mag sie wiedergekäute Ideen, leere Worthülsen oder Floskeln. Dafür steht sie auf Experimente, selbst wenn sie schiefgehen. Die Figuren sind ihr wichtiger als der Plot. Daher liest sie vor allem Entwicklungsromane, klassische und welche der Gegenwartsliteratur.