(Leider nur fast) Feministisch – Der Fluch der Hexen

(Leider nur fast) Feministisch – Der Fluch der Hexen

Katelyn ist eine Hexe. Ihr Pech, dass sie ausgerechnet dem Kämpfer Dimitri über den Weg läuft, der weiß, wie man den Fluch der Hexen auslöst. Fortan muss sie ihm dienen und ist gezwungen, nicht mehr von seiner Seite zu weichen. Während ihrer gemeinsamen Reise lässt Katelyn nichts unversucht, Dimitri zu entkommen. Dieser gewinnt jedoch immer mehr Gefallen an ihr. Als ein Hexer das Land und ihr Leben bedroht, muss auch Katelyn einsehen, dass Dimitri mehr für sie empfindet als sie dachte, und sogar bereit ist, dafür sein Leben zu riskieren.

 

Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:

  1. Am eigenen Roman weitergeschrieben.
  2. Mir einen Tee gemacht.
  3. Darüber nachgedacht, was man in diesem Buch hätte besser machen können.

Mein Eindruck zu Der Fluch der Hexen:

„Der Fluch der Hexen“ begann gut. Eine junge, freche Hexe, ein sarkastischer Krieger und das alles in einem Mittelaltersetting. Sie ein bisschen zu aufmüpfig für meinen Geschmack, er dafür ziemlich sympathisch mit seiner trockenen Art, bin ich wirklich schnell in die Welt eingetaucht. Endlich mal kein strahlender Held, in den sich sofort jedes Mädchen verliebt, sondern zwei Charaktere mit Hirn. Und dann … ja, genau. Das Ende. Warum? Waaaarum?! Ich greife wiedermal vor.

Stärken des Buchs:

Beginnen wir nochmal bei den Stärken. Definitiv zu den Stärken gehören der sehr selbstständige Ansatz Katelyns. Sie ist zwar noch jung, hat aber gelernt, auf den Straßen zurechtzukommen. Ihr macht niemand so schnell etwas vor, wenn jemand sich in Acht nehmen muss, dann eher die Männer vor ihr, nicht umgekehrt. An ihrer Seite: Dimitri. Kämpfer, aber nicht übertrieben, mit einem angenehmen Humor und ausreichend Attraktivität, dass man sich in ihn als Leser verlieben kann. Seine Kapitel mochte ich durchwegs gerne, er ist großartig.

Das ganze verpackt in einen großteils sehr angenehmen Schreibstil (bis auf die ständigen Wiederholungen in Katelyns Gedanken, die das Lektorat gerne etwas rigoroser hätte kürzen können) und in ein düsteres Setting, das mal bisschen anders ist. Mittelalter-Fantasy ja, aber nicht 08/15 Ork-Troll-Elfe, sondern mit spannenden Ansätzen und Ideen. Magische Wälder, Hexenjäger, böse Hexer, ein Fluch, der nicht gebrochen werden kann. Eine Liebesgeschichte, die keine ist, sondern sich eher auf einem freundschaftlichen Niveau mit leichten sexuellen Spannungen bewegt, die aber die Handlung nicht stört, sondern das ganze sehr unterhaltsam macht.

Eigentlich ja eine angenehme Lektüre. Eigentlich

Schwächen des Buchs:

denn: Leider hält die Autorin nicht bis zum Ende durch. Was als großes feministisches Versprechen der Selbstständigkeit beginnt – á la „Der Fluch der Hexen sollte nicht exisiteren, denn eine Frau muss nicht gezähmt werden, sondern hat ein Recht auf Freiheit und Selbstständigkeit!!“ – endet als feministisches Desaster. Enttäuschend ist aber nicht nur das Ende dieser sehr selbstbestimmt beginnenden Beziehung zwischen Dimitri und Katelyn (mehr dazu gleich), sondern auch  die Auflösung der ganzen Handlung. 400 Seiten entwickelt sich die Story sehr schön und detailreich und dann … statt sich noch ein, zwei Bände Zeit zu nehmen, um der Handlung den Raum zu geben, den sie bräuchte: Boom! Bringen wir es schnell zu Ende – und zwar off screen, ohne Blut, dafür unfreiwillig komisch. Dabei waren alle Handlungsstränge da, alle Hinweise gelegt, man hätte es nur umsetzen müssen!

So. Jetzt dazu mehr:

*Achtung Spioler* – wer es noch lesen will, bitte diesen Teil hier skippen und weiter zum Fazit!

Okay, also: Katelyn ist nicht in Dimitri verliebt, sondern empfindet lediglich freundschaftliche Gefühle für ihn. Das ist ja eigentlich was Gutes, mal was Neues, sehr innovativ. Als Leserin zwar ein bisschen traurig, weil er wirklich sehr verliebt ist in sie, und eigentlich auch ziemlich sexy, aber okay, man muss ja nicht jeden lieben. Statt aber die Innovation dieser Beziehung zu nutzen, die als solche super stimmig ist, macht die Autorin was? Genau! Wirft alle ihre selbstbestimmten, schlauen und feministisch orientierten Sprüche aus dem restlichen Buch über den Haufen und verheiratet die zwei. Katelyn legt die Waffen nieder, mit denen sie ohne zu zögern Männer niedergeschlachtet hat, und geht Brot backen – BROT!! – für ihren sie liebenden Ehemann. Den sie nicht liebt, was aber offenbar egal ist. Weil eine gute Frau lernt das bestimmt noch, wie man den Ehemann liebt und ihm eine gute Hausfrau ist. Hauptsache Dimitri und ihre Eltern sind glücklich.

Ein Trauerspiel.

Naja, zumindest bleibt uns noch die Auflösung der Handlung. Das Buch hat so spannend begonnen, da gibt es doch sicher einen finalen Kampf vor der kitschigen Hochzeit? Falsch. Dimitri und Katelyn machen sich daran, den Fluch der Hexen zu brechen, und zwar … indem sie ewig in einem Dorf rumhängen, wo eine alte Tante irgendwelches Zeugs reimt und sie dann in einer leeren Höhle quasi Herzblatt spielen (Kennt ihr die Serie?  Jedenfalls so ein Frage-Antwort-Ding zwischen Mann und Frau). Dann spazieren sie fröhlich hinaus und warten, bis an ihrem Hochzeitstag nochmal random alle anderen Charaktere bei ihnen vorsprechen und in ein paar Zeilen berichten, dass das Böse übrigens besiegt ist und andere Kleinigkeiten halt (Warum auch ausführlicher, war ja nur der Hauptplot).

So. Rant ende. Ihr seht, es regt mich auf.

Mein Fazit zu Der Fluch der Hexen:

Ja, was soll ich jetzt dazu sagen. Für die ersten zwei Drittel von „Fluch der Hexen“ würde ich ja 4,5 Sterne vergeben, dafür, dass Katelyn bisschen zu langatmig denkt, aber sonst eigentlich alles sehr spannend und gut gemacht ist. Aber was mache ich mit diesem Ende?! Es ist einfach so schade, dass Anna-Lena Strauß das Potential nicht nur nicht genutzt, sondern quasi ad absurdum geführt hat. Als hätte die Autorin sich nicht getraut, alles, was sie das ganze Buch lang predigt, dann auch wirklich umzusetzen, und Katelyn von der Kämpferin kurzerhand zum Hausmütterchen umfunktioniert. Dafür gibt es definitiv einen halben Punkt Abzug, einen weiteren dann für die stümpferhafte Auflösung der Handlung. Damit bleiben leider nur noch 3 Sterne für ein Debüt, das wirklich großartig hätte werden können (Lektorat, where have you been?!). Schade drum!



Der Fluch der Hexen

Anna-Lena Strauß

Fantasy
Softcover, 450 Seiten

erschienen bei Eisermann-Verlag

22. April 2019

ISBN 978-3961731343


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