Die Sache mit dem Satelliten – Gefühltes Wissen

Die Sache mit dem Satelliten – Gefühltes Wissen

Mit „Gefühltes Wissen“ von Horst Evers habe ich eine Kurzgeschichtensammlung gelesen, die vor allem eines ist: erheiternd. Toller Humor, eine gefühlt(!) ziemlich heile Welt im und vor dem Jahr 2007, und meine Lieblingsgeschichte kommt gleich am Anfang. In diesem Artikel rezensiere ich „Gefühltes Wissen“ von Horst Evers und gehe dabei vor allem auf meine Lieblingsgeschichte ein: Der kleine Satellit.

Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:

  1. „Der kleine Sattelit“ noch einmal gelesen
  2. Über WhatsApp Freunden diese Geschichte vorgelesen
  3. Mich geärgert, dass meine Freunde nur digital erreichbar sind

Mein Eindruck zu „Gefühltes Wissen“:

Ich halte ein wahrlich taschentaugliches Buch in den Händen. Nur 160 Seiten, von der Breite her passt es sogar in meine winzigen Hände – und zwar kann ich das Buch mit nur einer Hand frontal umfassen und hochheben. Im Buch enthalten sind fünf Kapitel plus Epilog, und in jedem Kapitel gibt es etwa sieben Kurzgeschichten. Mal mehr, mal weniger. Ich habe das Lesen grundsätzlich genossen. Es war wirklich erheiternd, angenehm … und jetzt gehen mir die Adjektive aus. Denn „schön“ oder „lustig“ fand ich dieses Buch nicht. Es war einfach … okay. Nett. „Fine“ würde man im Englischen dazu sagen, denke ich.

Stärken des Buchs:

Kurzgeschichtensammlungen haben ihre eigenen Stärken und Schwächen. „Gefühltes Wissen“ von Horst Evers gewinnt ganz stark durch einen einheitlichen Schreibstil. Somit kann man, auch wenn man üblicherweise nur zusammenhängende Werke ab Novellenlänge liest, in die Welt der kürzeren Erzähleinheiten eintauchen.

A propos eintauchen: In der Geschichte „Der kleine Satellit“, definitiv meine liebste Geschichte, taucht der Leser ein in die Psyche eines Satelliten. Vom Menschen geschaffen, ehrfürchtig im Weltraum um die Erde kreisend – und dann ist die Aufgabe des Satelliten, das Telefonat von zwei Menschen zu übertragen, die nur ein paar Meter voneinander entfernt sind. Ich liebe fast alles hieran. Die Idee, die Umsetzung, die Stimme des Satelliten.

Schwächen des Buchs:

Während „Gefühltes Wissen“ mit dem einheitlichen Schreibstil und der durchgehenden Stimme von Horst Evers in meinem Kopf gewinnt, finde ich, verliert es beim Humor. Der ist im ersten Kapitel nett, gar gut. Im zweiten Kapitel wirkt er repetetiv. Und danach wird es zunehmend flacher. Vermutlich ist der Humor schon von Anfang an flach, wobei ich nicht einmal in jeder Kurzgeschichte Humor finden konnte. Was generell nicht schlimm ist, aber irgendwie wirkte der Humor an einigen Stellen ziemlich altbacken. Nicht so, als würde er in ein 2007 erschienenes Buch passen. Oder etwa doch? Waren die Leute 2007 so? Fanden die das so lustig? Ich war damals noch ein Kind. Dabei kommt es mir gar nicht so lange her vor. Ihr könnt anhand meiner Worte lesen: Die primäre Schwäche, die ich zu finden geglaubt habe, ist womöglich nicht Horst Evers und dem Buch, sondern eher meinem eigenen Alter zuzuordnen. Da ich damals altersbedingt nicht zur Zielgruppe gehörte, bin ich wohl heute – im „richtigen Alter“ – nicht automatisch hineingewachsen in diese Zielgruppe.

Dazu gehört es vielleicht auch, dass Horst Evers Figuren in seine Geschichte schreibt, die selten sympathisch oder irgendwie nachvollziehbar sind. Ich will nicht sagen, dass die handelnden Figuren unrealistisch sind, das sind sie gewiss nicht, aber sie wirken schon sehr wie Figuren, die nur für den Gag erschaffen wurden. Als würde man sie absichtlich auf eine Bühne zerren, ihnen ein paar Klischees aufbügeln und anschubsen, weil sie nicht von sich aus sprechen wollen. Sobald sie den Mund aufmachen und etwas richtig sagen, wirkt es, als würden sie verstohlen zum Regisseur blicken und sich eine Daumen-hoch-Geste abholen wollen, bevor sie weitersprechen. Das ist vielleicht eine etwas krasse Kritik, vor allem am geschriebenen und sorgfältig überarbeiteten Wort – oder aber an der Weltsicht von der Zielgruppe. Die würde ich übrigens, während ich meine eigene Rezension so lese und meine Gedanken nachvollziehe und nachfühle, als alte Herren definieren. Nicht solche, die weise und belesen sind. Eher solche, die sich für Fußball und Bier interessieren, ihre Frauen für hysterische und anstengende Weiber halten und vielen weiteren Klischees entsprechen.

Mein Fazit zu „Gefühltes Wissen“:

Die besten Geschichten sollten nicht vorne stehen. Auch, wenn sie die aktuelle Reihung der Kurzgeschichten einen Sinn hat oder bewusst so ausgewählt wurde: Die Qualität von „Gefühltes Wissen“ nimmt zum Ende hin ab. Das ist sehr schade und auch sonst konnte mich das Buch nicht umhauen. Fazit: Es ist nett. Okay. „Fine“.

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Gefühltes Wissen

Horst Evers

Kurzgeschichten Humor
Softcover, 160 Seiten

erschienen bei Rowohlt

02. April 2007

ISBN 978-3-499242946


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