Mehr davon! – Morgen ist leider auch noch ein Tag [Rezension]
Tobi Katze hat Depressionen. “Morgen ist leider auch noch ein Tag” heißt sein autobiografischer, aber humorvoll und nicht ganz der Wahrheit entsprechender Roman. Zumindest hoffe ich, dass Tobi nicht all die Extreme durchgemacht hat, die in diesem Buch vorkommen.
Er liegt in seinem Bett, kann sich wegen der Depression kaum bewegen, und wenn, dann in eine Bar, um dort zu saufen. Alkohol ist bei Tobi Katze ein zentrales Thema, und es macht die Depression, welch Überraschung, bedeutend schlimmer. Der Autor nimmt uns allerdings auch mit zu seinem Therapeuten, nimmt im Laufe des Buches Antidepressiva und versucht, eine Besserung seiner Symptome zu erreichen, um auf Dauer aus seiner psychischen Erkrankung herauszukommen.
Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:
- Überlegt, ob ich heute schon Fluoxetin genommen habe.
- Im Bett gelegen und überlegt, was ich jetzt lesen kann.
- Meine Depression entscheiden lassen, dass ich besser jetzt schlafen sollte.
Mein Eindruck zu Morgen ist leider auch noch ein Tag:
Diagnose: Depressionen. Behandlung: Mit Humor.
So wird “Morgen ist leider auch noch ein Tag* beworben, im Netz und auch auf dem Buchumschlag ist dieser Text zu finden. Ich habe eine humorvolle Geschichte aus Tobi Katzes Leben erwartet und genau diese bekommen. Er geht offen mit seiner Depression um, schreibt auf einem guten Niveau und schließt an sein bekanntes Bühnenprogramm an, durch das ich ihn und sein Buch entdeckt habe.
Meine Erwartungen wurden also erfüllt, das Buch hat mich beeindruckt, und es hat mich auch in meinem eigenen Schreiben inspiriert.
Stärken des Buchs:
Weil der Autor selbst wirklich an Depressionen leidet, ist das Buch rundum authentisch geworden. Die Depression wird dargestellt, wie sie offenbar wirklich ist oder war, und ich erkenne viele Symptome meiner eigenen Depression wieder. Ich würde “Morgen ist leider auch noch ein Tag” in diesem Punkt dennoch nicht mit “Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben” vergleichen, denn in diesem Buch geht es weniger um den Leser, sondern um den Autor, seine Geschichte, seinen Humor und seine Art, die Depression zu verarbeiten.
Einen Shoutout an alle, die nicht wissen, was Depressionen sind (oder die behaupten es zu wissen, obwohl dem nicht so ist), hat Tobi Katze auch auf Lager:
“Ich bin nicht traurig, denke ich zurück, das ist ja die Krux an der Sache. Die Leute meinen immer, wer Depressionen hat, sei traurig. Aber ich fühle mich nicht im mindesten traurig. Ich fühle gar nichts. Nix. Null. Einfach nichts. Ich bin nicht traurig. Was würde ich dafür geben, einfach nur traurig zu sein. Aber ich bin es nicht. Ich bin das Gegenteil davon.”, Seite 81
Das mir hier vorliegende Werk zeigt hervorragend, wie Depressionen funktionieren und hat auch mich abgeholt, als ich dieses Buch 2017, als ich noch an Depressionen litt, gelesen habe. Ich bin seit etwa Mitte 2018 frei von Depressionen, daher schreibe ich diese Rezension auch erst jetzt, zwei Jahre, nachdem ich “Morgen ist leider auch noch ein Tag” gelesen habe.
Was soll ich noch sagen? Die Geschichte ist gut, die Charaktere sind okay. Aber da war noch eine Sache mit Humor …
Schwächen des Buchs:
So richtig humorvoll finde ich “Morgen ist leider auch noch ein Tag” nicht. Klar, Tobi Katze schreibt gerne mal sarkastische Passagen, bringt das schwarze Chaos im Kopf auf einen lebendigen Nenner, der in der Geschichte gut funktioniert, aber ich habe beim Lesen weder lachen noch schmunzeln müssen. Das erste Kapitel, das ich vor dem Kauf des Buches als Hörprobe gehört habe, ist der Höhepunkt des Humors. Ich fühle mich ein wenig an Antoine Monot Jr. erinnert, der in “Vertrauen Sie mir, ich tu’s ja auch” ebenfalls den besten Teil des Buches in den ersten 20 % des Buches untergebracht hat.
Mein Fazit zu Morgen ist leider auch noch ein Tag:
“Ich habe beschlossen, dass es mir jetzt besser geht.
“Aha”, sagt meine Depression und legt sich nochmal hin.”, Seite 170
“Morgen ist leider auch noch ein Tag* habe ich mir humorvoller vorgestellt und bin daher etwas enttäuscht. Stil, Aufmachung, Charaktere, Glaubwürdgikeit und Spannungsbogen sowie Dramaturgie sind völlig in Ordnung und vergleichbar mit anderen guten Büchern. Das ist auch mein Fazit: “Morgen ist leider auch noch ein Tag” von Tobi Katze ist ein gutes Buch. Nicht schlecht, nicht herausragend, mehr als okay, weniger als super.
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Morgen ist leider auch noch ein Tag
Tobi Katze
erschienen bei Rowohlt
25. September 2015
Kia liest. Nicht nur Sachbücher zur persönlichen Entwicklung und Schreibratgeber, sondern auch Entwicklungsromane, nerdige Science Fiction und alles, was zwischen Utopie und Dystopie ein bisschen Drama angereichert hat. Beim Buchensemble gibt sie hin und wieder Einblicke in ihre Reiseberichte, die sie beim Durchqueren spannender Welten anfertigt.