Kurzromane – Der literarische Brunch

Kurzromane – Der literarische Brunch

Kurzromane sind wie der Brunch für die Mahlzeiten: Ein Zwischending. Zu umfassend für eine Kurzgeschichte und zu knapp für einen ausgewachsenen Roman. Inhaltlich kann ein guter Kurzroman ebenso gehaltvoll sein wie ein üppiges Festessen. Für echte Liebhaber*innen ist der literarische Brunch daher die beste Mahlzeit. Vielleicht auch, weil man sie sich nicht jeden Tag gönnt.

Kurzromane im Buchensemble

Hier im Buchensemble haben wir uns alle als Fans von Kurzromanen geoutet. Ich persönlich schätze das kurze, aber dafür umso intensivere Abtauchen in die Geschichten, deren Figuren oft gut ausgearbeitet sind und auf wenigen Buchseiten alles über sich verraten können.

Magret Kindermann ist ein gutes Beispiel für kurze, starke Geschichten. Die „Tulpologie“ und „Und dein Leben, dein Leben“ sind auf wenigen Seiten erzählt. Als Leserin hatte ich am Ende dennoch das Gefühl, die Protagonistinnen zu kennen. Die Autorin musste dazu nur wenige Details über ihre Figuren verraten, einen Gedanken an die Kindheit, eine Angewohnheit, eine Geste. Vielmehr braucht es oft nicht, um eine Figur zu charakterisieren.

Die Kunst im Kurzroman liegt für mich darin, die wichtigsten Informationen gekonnt, beiläufig in den Text einfließen zu lassen, ohne die Lesenden gleich mit der Nase darauf zu stoßen. Ich empfinde weitschweifige, detaillierte Beschreibungen, wie sie in manchen Romanen zu finden sind, einschränkend für meine eigenen Gedanken und Vorstellungen.

Dean Wilkens

Dean sagt : „Die Länge des Buches ist für mich nicht entscheidend. Es kommt auf die Qualität an. Wobei mich zu lange Bücher eher abschrecken und ein Buch in Pixi-Buch Länge mich doch eher stutzig macht.“

Magret sagt: „Ich bin ein großer, großer, großer Fan von Kurzromanen. Nicht weil sie nicht so lange dauern, sondern weil sie durch ihre Kürze oft besser werden. Dicke Bücher haben oft Füllmaterial, das die eigentliche Geschichte verwässert.“

Curly über Antagonisten

Curly sagt: „Ich mag heitere Kurzromane mit einem Ende, über das sich lange sinnieren lässt. Gillian Flynn hat es zum Beispiel auf 64 Seiten in „Broken House – Düstere Ahnung“ geschafft, mich von Psychothriller-Kurzromamen zu begeistern.“

M. D. Grand

Marlen sagt: „Sie sind irgendwie ein Kompromiss zwischen einem langen Roman, für den mir Zeit und Muße fehlen, erfreuen mich aber doch länger als nur ein paar Minuten und geben mir deshalb mehr Zeit, in Handlung und Charaktere einzutauchen. Zusätzlich bestechen sie meistens durch sehr hohe Präzision in Sprache und Beschreibung, was ich viel lieber habe als ewige Ausschweifungen.“

Bei den Stimmen unserer Rezensent*innen verwundert es nicht, dass sich im Blog die ein oder andere Rezension zu Kurzromanen findet. Wer also nach Leseempfehlungen sucht, ist bei uns der richtigen Adresse. 😉

Bücher unter 100 Seiten, die wir rezensiert haben:

 

Keine Zeit! Keine Zeit!

Wie das weiße Kaninchen bei Alice im Wunderland hetzen viele Menschen durch die Welt und wie oft hört man das Argument, dass zum Lesen oft keine Zeit bliebe. Kurzromane bieten neben Kurzgeschichten eine schöne Möglichkeiten, sich auch in kurzen Zeitfenstern in einer Geschichte zu verlieren.

S. M Gruber über Frauenfiguren

Sophie sagt: „[…] ich [bin] grundsätzlich Fan von kürzeren Romanen, da ich so insgesamt mehr unterschiedliche Bücher lesen kann.“

M. D. Grand

Marlen sagt: „Für Leute wie mich, die wenig Zeit haben, aber trotzdem einen Roman lesen wollen, ist diese Form genau richtig. Und da die Leute heutzutage eher weniger Zeit haben als mehr, wird vermutlich auch die Nachfrage an kurzer Literatur weiter steigen.“

Kia über Kurzgeschichten

Kia sagt: „Ich glaube, dass durch unsere Gesellschaft Kurzromane die perfekte Methode sind, um die gestressten, zwischen Terminen steckenden und teils lesefaulen Menschen wieder zurück an die Bücher zu bringen. Es braucht noch ein paar Jahre, dann haben das auch die großen Verlage gerafft. Bis dahin sind es die Selfpublisher, die mit Kurzromanen richtig gutes Geld machen können.“

Kia weist auf einen besonders wichtigen Aspekt hin, den ich als Schreiberin von Kurzformaten nur unterstreichen kann. Mit einem Kurzroman lässt sich die eigene Schreibfähigkeit testen und im besten Fall steigern. Für Selfpublisher ergibt sich darüber hinaus der Vorteil, dass die Kosten für Lektorat und Korrektorat bei kürzeren Texten überschaubar bleiben.

 

Kurzgefasst: So schreiben sich Kurzromane

Wenn ich eine Geschichte beginne, sind es oft nur Standbilder oder einzelne Sätze, manchmal auch Wörter, die ich in dem Augenblick in Szene setzen will. Davon ausgehend entwickele ich eine Botschaft, die die Geschichte vermitteln soll und lasse den Rest einfach geschehen. Dabei arbeite ich gerne mit der Atmosphäre, die eine Szene ausstrahlt. Wenn eine Stelle beispielsweise bedrohlich oder beklemmend wirkt, obwohl eigentlich gar nichts passiert.

Mein Debüt „Eselmädchen“ ist auf diese Weise entstanden. Der Titel war ein Kosename für meine Tochter, der mir eine Wiese mit Eseln und einem verlotterten Mädchen vor Augen zauberte. Und was zunächst als idyllische Kindergeschichte gedacht war, wurde mit der Zeit düster und beklemmend.

An einem längeren, gar mehrbändigen Roman bin ich mit diesem Vorgehen bisher gescheitert. Bei komplexeren Handlungen mit verschiedenen Orten und Figuren ist Planung notwendig, um sich beim wild-drauf-los-schreiben nicht zu verzetteln. Es ergeben sich zu leicht neue Erzählstränge, die zwar vielversprechend sind, jedoch den Rahmen sprengen, wenn man ihnen spontan folgt. Mir als Weltenbau- und Planungsmuffel bieten Kurzromane also die Möglichkeit, mich von den Zwängen eines komplexen Romans zu lösen. Meine Leser*innen müssen nicht alles über die beschriebe Welt wissen, nicht einmal über die Figuren. Wenige Aspekte sind ausreichend, um einen Gedanken darzustellen.

 

Ein Blick in die Zukunft

Kurzromane erfahren in breiten Teilen der Leser*innenschaft die Begeisterung wie bei uns im Buchensemble. In den großen Verlagen findet man Kurzromane nur selten, und wenn, dann vorwiegend in der Belletristik. Es hat den Anschein, als müsste Genreliteratur automatisch mit umfangreichen Büchern aufwarten. Ich glaube, dass die Lesenden längst bereit sind für die kürzeren, manchmal anspruchsvolleren Formate. Schreibenden und Verlegenden scheint mir jedoch noch manchmal der Mut zu fehlen.

Unsere Rezensent*innen können sich nicht so recht einigen, wie es zukünftig um Kurzromanen stehen kann.

Dean Wilkens

Dean sagt: „Ich denke, sie werden immer populärer, da die Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsdauer der Menschen sinkt.“

Curly über Antagonisten

Curly sagt: „Kurzromane transportieren schnell und easy eine Geschichte, über die es sich danach noch lange nachdenken lässt. Es wäre nachhaltig. Grundlegend würde ich sagen, es kommt auf die Geschichte an: Lässt sich die Story auf wenigen Seiten erzählen oder braucht es mehr? Nicht jede Geschichte passt in das Format eines Kurzromans und nicht jede Story braucht 500 Seiten, um erzählt zu werden.“

S. M Gruber über Frauenfiguren

Sophie sagt: „Ich sehe die Zukunft von Kurzromanen sehr positiv, da unser aller Aufmerksamkeitsspannen durch die aktuelle Medienlandschaft kürzer werden. So schade das auch ist, sehe ich darin großes Potential für Kurzromane.“

Magret sagt: „Ich denke nicht, dass Kurzromane wieder beliebter werden. In den Köpfen der meisten Leser steckt drin, dass sie bei einem dicken Buch mehr für ihr Geld kriegen. Dazu wollen sie sich lieber in Welten verlieren, viele mögen diesen Schnickschnack, den ich als verwässerndes Füllmaterial bezeichne.“

Unsere Rezensentin Magret sieht eher wenig Hoffnung für die Zukunft der Kurzromane, aber wie ist es mit dir? Denkst du auch, dass der Trend bei längeren Leseabenteuern bleibt oder wird der Zeitmangel in unserer Gesellschaft siegen? Erzähl uns gerne auch von deinen eigenen Leseerfahrungen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert